Monat: Juli 2011

Umsetzung von inklusiver Bildung in Deutschland?

Am 15.06.2011 wurde der „Nationale Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“ von der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Ursula von der Leyen, vorgestellt. Ein Handlungsfeld des Aktionsplans ist der Themenkomplex Bildung, der im Artikel 24 des „Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ seine Grundlage hat. Dort werden folgende Bedingungen der Bildung behinderter Menschen festgelegt:

Die Vertragsstaaten gewährleisten „ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen mit dem Ziel, […] Menschen mit Behinderungen zur wirklichen Teilhabe an einer freien Gesellschaft zu befähigen.“ (UN-Behindertenrechtskonvention Artikel 24, S. 18)

Die deutschsprachige Übersetzung der UN-Behindertenrechtskonvention enthält, wie am Zitat sichtbar wird, den inhaltlichen Fehler, inclusion mit Integration zu übersetzen. Dieser Fehler wird durch den Bezug des Aktionsplanes auf die Begrifflichkeit der Inklusion wieder revidiert, bildet aber somit nur auf dieser Ebene der nationalen Umsetzungspläne die Akzeptanz der seit Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts vorliegenden internationalen Perspektivwechsels von der Integration zur Inklusion ab. Die Zielsetzung der Inklusion wird im übrigen auch in einer „Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen zum Referentenentwurf des Nationalen Aktionsplans der Bundesregierung zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ bestätigt.

Mit der Begrifflichkeit der Integration ging und geht immer einher, dass es eine soziale Gruppe (z.B. behinderte Menschen) gibt, die verursacht durch ein Merkmal außerhalb der Gesellschaft stehen und deshalb integriert werden müssen. Die Gewährleistung von Teilhabe an Bildung wurde und wird in Deutschland auf schulischer Ebene vor allem hergestellt durch ein System von Sonderschulen, die auf den besonderen Förderbedarf in Zusammenhang mit einzelnen Behinderung eingerichtet sind.

Inklusion bedarf solcher Integrationsbemühungen nicht, da auch behinderte Menschen als soziale Gruppe als Teil der Vielfalt der Gesellschaft betrachtet werden. Die aus dieser Perspektive entstehende Aufgabe für die Gesellschaft ist die Schaffung von Strukturen, die eine Teilhabe an der Gesellschaft ohne Aussonderung ermöglicht. Für das Schulsystem bedeutet dies die Schaffung von Schulen, die den Bildungs- und Erziehungsbedürfnissen aller Schüler gerecht werden müssen.

Erwartet man nun eine entsprechend verpflichtete Umsetzung im Handlungsfeld Bildung im Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvetion wird man enttäuscht: „Im Rahmen ihrer Zuständigkeit und Möglichkeiten wird die Bundesregierung Länder und Schulträger zum Ausbau der Angebote des gemeinsamen schulischen Lernens aktiv auffordern und in diesem Prozess weiterhin unterstützen.“ (NAP S. 43-44) Natürlich darf sich die Bundespolitik nicht in die Kultuspolitik der Länder einmischen, allerdings ist zur Herbeiführung des notwendigen Systemwechsels im Schulbereich von der integrativen zur inklusiven Beschulung eine explizitere Verpflichtung zur Zielerreichung notwendig, um den Bestimmungen der UN-Behindertenrechtskonvention gerecht zu werden und die Bedürfnisse behinderter Menschen ernst zu nehmen.
Auch Theresia Degener, Professorin für Recht und Disability Studies an der Evangelischen Fachhochschule Rheinland Westfalen Lippe in Bochum und Mitglied des Ausschusses der Vereinten Nationen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, stellt in einem Interview nach Vorstellung des Aktionsplans am 15.06.2011 fest: „Gerade im Bildungsbereich, muss man leider sagen, ist Deutschland ein Entwicklungsland, wenn man überlegt, dass die Inklusionsquote von behinderten Schülern in Regelschulen in Deutschland zwischen 16 bis 20 Prozent schwankt. Andere Länder im europäischen Vergleich liegen bei über 80 Prozent Inklusionsquote.“
Es bleibt, gerade auch mit Blick auf diese internationale Dimension, zu hoffen, dass mögliche Defizite in der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention von Ländern im internationalen Vergleich Konsequenzen nach sich ziehen, die eine möglichst umgehende Aufhebung solcher Defizite befördern.

Weitere Informationen zum Thema:
Portal Einfach teilhaben: Nationaler Aktionsplan zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention
BildunsWiki-Stichwort: Inklusive Pädagogik
Behindertenbeauftragter Hubert Hüppe: Nationaler Aktionsplan der Bundesregierung muss jetzt mit Leben erfüllt werden

Interview mit der Bundesbildungsministerin zur Weiterentwicklung des Bildungssystems

Die Bundesbildungsministerin, Annette Schavan, hat der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) ein Interview zur Weiterentwicklung des Bildungssystems gegeben. Thematisiert wurde der Vorschlag des Bundesvorstandes der CDU zur Schaffung einer Oberschule, die als Weiterentwicklung der Haupt- und Realschule gedacht ist. Die Ausgestaltung und pädagogischen Konzepte für diese Schulen sollen vor allem berufsbezogen, praxisorientiert und vielfältig sein. Abschließend nimmt Frau Schavan Stellung zum Konflikt bezüglich der Zuständigkeiten für die Kultuspolitik in den Ländern und der Notwendigkeit einer bundeseinheitlichen Weiterentwicklung des Bildungssystems.

Interview zum Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung

Die Radiosendung „Wirtschaft und Gesellschaft“ des Senders ENERGY Rhein-Main hatte am 10. Juli 2011 Professor Dr. Marc Rittberger zu Gast, der die Arbeit des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF), eines Instituts der Leibniz-Gemeinschaft, im Interview erläuterte. Hauptthemen waren die Arbeitsbereiche des DIPF, das Service und Forschung in einem Institut vereint. Professor Rittberger erläuterte eingangs die Arbeit des Informationszentrums Bildung, das Portale und Datenbanken für die Wissenschaft und die gesamte an Bildung interessierte Öffentlichkeit bereit stellt. Als Themen der Bildungsforschung wurden im Interview angesprochen die Qualitätssicherung im Bildungswesen, z.B. in Studien wie PISA oder PIAAC (PISA für Erwachsene), sowie das Lernen und der Kompetenzerwerb von Kindern, als Grundlagenforschung und in der praktischen Umsetzung der erzielten Erkenntnisse im Bereich frühkindlicher Bildung (IDEA-Zentrum der LOEWE-Initiative des Landes Hessen). Nachdem Professor Rittberger von der Evaluation des DIPF durch die Leibniz-Gemeinschaft, einem Zusammenschluss von 87 Forschungs- und Infrastruktureinrichtungen, berichtete, wurde er abschließend selbst noch einem Personality-Check unterzogen. Mit welchen Ergebnissen? Hören Sie selbst…

(Verwendung des Podcasts mit freundlicher Genehmigung von Radio ENERGY Rhein-Main)

edutags: Neues von Freunden und Arbeitsgruppen

Screen Freunde-BoxEdutags bietet einen neuen Service: In der rechten Spalte sehen Sie ab sofort, welche neuen Lesezeichen von Ihren Freunden angelegt oder in Ihren Gruppen eingearbeitet wurden.
Freunde? Der Begriff wird im Web 2.0 vielleicht etwas inflationär verwendet. Auf Edutags finden Sie in ihrem Nutzerprofil die Möglichkeit, Freundschaftsanfragen zu stellen. Wenn Sie also einen Nutzer entdecken, dessen Lesezeichensammlung für Sie spannend ist, können Sie sich mit einer Freundschaftsanfrage mit ihm verbinden. Dann werden Sie über die Ansicht „Neues von meinen Freunden“ immer über neue Lesezeichen in seiner Sammlung informiert.
Screen Gruppen-Box

Die Übersicht „Neues aus meinen Gruppen“ fasst die neuen Lesezeichen aus all Ihren Gruppen zusammen. Arbeitsgruppen können von allen Nutzern, die bei edutags angemeldet sind, selbstständig angelegt und verwaltet werden. So kann die Kooperation in verschiedenen fachlichen oder institutionellen Kontexten flexibel und übersichtlich organisiert werden. Mit „Neues aus meinen Gruppen“ werden alle Gruppenmitglieder laufend über die aktuellen Aktivitäten ihrer Arbeitsgruppen informiert.
Screen Tutorial-BoxDen Einstieg in die aktive Nutzung von edutags erleichtern eine Reihe von Videotutorials, so genannten Screencasts, zu Themen wie Anmelden, Lesezeichen anlegen (Bookmarking) und mit eigenen Begriffen sortieren (Tagging). Viel Spaß beim Ausprobieren und bei der Zusammenarbeit mit edutags.