„Wir werden Antworten auf den Digitalen Wandel finden“

FRAGEN AN Prof. Dr. Marc Rittberger, dem stellvertretenden Direktor des DIPF und Leiter des Informationszentrums Bildung, zu Informationsinfrastrukturen im Bildungsbereich, ihren Nutzen für die Bildungsforschung und ihre Aufgabe beim Digitalen Wandel.

Prof. Dr. Marc Rittberger

Prof. Dr. Marc Rittberger

Herr Rittberger, warum brauchen wir den Deutschen Bildungsserver?

In einem föderalen System wie Deutschland braucht es einen zentralen Ort, an dem Informationen über Bildung gesammelt werden, an dem die verschiedenen Rahmenbedingungen, Institutionen Akteure und auch systemische Fragen abgebildet werden. Und zwar bezogen auf ganz Deutschland  und nicht nur auf die einzelnen Bundesländer, Städten und Kommunen. Diese Zusammenschau und Orientierung bietet der Deutsche Bildungsserver.

Und was haben Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung von solchen Infrastrukturangeboten?

Die Bildungsforschung ist keine disziplinorientierte, sondern eine gegenstandsbestimmte Forschung, d.h. der zu untersuchende „Gegenstand“ muss eingegrenzt und beschrieben werden. Man benötigt also Informationen über ihn; der Wissenschaftsrat nennt u.a. Fakten, Fachliteratur, Forschungsdaten und Sammlungen als wesentliche Komponenten einer guten Informations- und Forschungsinfrastruktur. Unsere Angebote decken all das ab: Beim Deutschen Bildungsserver erhält man Infos und Fakten zum Bildungssystem, beim Fachportal Pädagogik wissenschaftliche Aufsätze und Monographien zur Bildungsforschung und beim Forschungsdatenzentrum Bildung in wissenschaftlichen Projekten erhobene Daten. Bildungshistorisch wertvolle Sammlungen sind übrigens in unserer Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung zu finden. Ergänzend dazu sprechen wir mit vertiefenden Angeboten wie Lesen in Deutschland, dem Portal Bildung weltweit oder auch dem InfoWeb Weiterbildung explizit spezifische Gruppen an.

Stichwort „Digitale Bildung“: Was kann ein Informationsportal wie der Deutsche Bildungsserver zur Digitalen Transformation beitragen?

Fest steht: Die zunehmende Vernetzung von Daten verändert die Arbeits- und Kommunikationsprozesse. Als zentrale Koordinations- und Distributionseinrichtung von Bildungsinformationen wird es uns beim Deutschen Bildungsserver deshalb in den nächsten Jahren bestimmt nicht langweilig werden! Wir werden Antworten darauf finden, wie wir grundsätzlich mit Daten umgehen wollen, und wie wir aus einer großen Informationsmenge passgenaue Informationen für unsere Zielgruppen herausfiltern. Was bedeutet Digitalisierung in den einzelnen Bildungsbereichen? Wie verändern sich dadurch die Prozesse in Schule, Weiterbildung oder Hochschulbildung? Es gibt hier eine große Expertise für die Beantwortung solcher Fragen.

Welche Veränderungen zeichnen sich aus Ihrer Sicht jetzt schon ab?

Das Wesen von Bildung ist ja ein immaterielles. Und immaterielles Wissen ist heute viel weniger als früher an einen Träger gebunden, wie einem Buch, einer Schallplatte oder einem Film – alles ist über Smartphones, Tablets und PCs verfügbar. Das führt nicht nur zu einem komplett anderen Kommunikationsverhalten in der Schule, sondern auch zu völlig anderen Arten zu lernen. Man denke nur an die Unabhängigkeit von Orten und Zeiten.

Können Sie dafür ein konkretes Beispiel nennen?

Ganz einfach: Wenn ich einen Arzttermin habe und deshalb nicht an der Vorlesung in der Hochschule teilnehmen kann, sehe ich mir die Aufzeichnung eben später an. Das ist eine individuelle Entscheidung, die ich als Chance sehe, die aber letztlich auch zu mehr Eigenverantwortung führt.

Und was für Konsequenzen hat das für die Schule?

Digitale Medien werden die traditionellen Trägermedien ablösen, auch in der Schule! Über unsere Suchmaschine ELIXIER bieten wir bereits seit acht Jahren freie Bildungsmedien zur Unterrichtsgestaltung an; jetzt werden es immer mehr Materialien, das Thema kommt in der Breite an. Und mit edutags haben wir ein tolles Werkzeug, das Lehrer/-innen erlaubt, sich diese Open Educational Resources auch selbst zusammen zu stellen und zu organisieren. Wir nutzen unsere Expertise, um solche Systeme mit den beteiligten Partnern in Bund und Ländern zu entwickeln, zu nutzen und sichtbar zu machen – als neutraler Koordinator. Dass wir die Kompetenz haben, zeigt auch das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung bewilligte und jetzt im November startende Projekt zum Aufbau einer OER-Informationsstelle. Gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern werden wir eine zentrale Anlaufstelle für Informationen zu Open Educational Resources in Deutschland aufbauen.

Was wünschen Sie dem Deutschen Bildungsserver zum 20. Geburtstag?

Ein langes Leben! Denn Informationssysteme sind immer einem starken Wandel unterworfen, und auch bei der Digitalisierung wird es Gewinner und Verlierer geben. Und dem Bildungsserver-Team wünsche ich, dass es weiter so innovativ arbeitet und seinen Nutzerinnen und Nutzern und der Politik Informationen in guter Qualität kundenorientiert aufbereitet und weitergibt.


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