Deutsch als Zweitsprache in Erwachsenenbildung und Weiterbildung

Sprach- und Orientierungskurse für ausländisches Pflegepersonal am Goethe-Institut Mannheim

Interview mit Susan Zerwinsky, Leiterin des Goethe-Instituts Mannheim über Sprach- und Orientierungskurse für Pflegefachkräfte, den Umgang mit der Heterogenität in Sprach- und Integrationskursen und wie Lehrkräfte dafür ausgebildet werden.

Foto von Susan Zerwinsky, Leiterin des Goethe-Instituts Mannheim, vor GI-Banner (Halbporträt)

Susan Zerwinsky
©Sebastian Weindel, 2023

Kurse für Deutsch als Zweitsprache und Deutsch als Fremdsprache, Orientierungs- und Integrationskurse, das Goethe-Institut Mannheim hält für Menschen, die Deutsch lernen wollen, viele Angebote bereit. Doch nicht nur das: In Trägerschaft des BAMF bildet es auch Lehrkräfte für Deutsch als Zweitsprache aus. Im Gespräch mit Christine Schumann erzählt die Leiterin des Goethe-Instituts, Susan Zerwinsky, von den Sprach- und Orientierungskursen, die in Kooperation mit der Uniklinik Heidelberg angeboten werden, und was Lehrkräfte mitbringen sollten, um in kulturell heterogenen Lerngruppen erfolgreich Deutsch als Zweitsprache unterrichten zu können.

Das Interview mit Susan Zerwinsky


Lesefassung

Guten Tag, Frau Zerwinski, ich freue mich, Sie heute als Interviewpartnerin begrüßen zu können und zwar zum Thema Deutsch als Zweitsprache in der Erwachsenenbildung. Wobei Erwachsenenbildung vielleicht nicht ganz korrekt ist, Weiterbildung wäre in dem Fall vielleicht der bessere Begriff.
Ich möchte Sie als Leiterin des Goethe-Instituts in Mannheim nämlich zu Ihrer Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Heidelberg befragen. Das Goethe-Institut bietet ja Pflegefachkräften, die aus dem Ausland an das Uniklinikum Heidelberg kommen, Sprach- und Orientierungskurse an, um sie bei der Integration in den Beruf und ihren Alltag besser zu unterstützen. Können Sie uns erklären, wie es zu dieser Zusammenarbeit kam und wie die aussieht?

Zerwinsky: Herzlichen Dank, Frau Schumann, dass Sie mich angesprochen haben.
Der Standort Goethe-Institut Mannheim, den ich seit 2020 leite, hat sich in den letzten Jahren tatsächlich zu einer Art der Fachkräftequalifizierungsstandorte ausgeweitet. Das ist eine Arbeit, die ich mitgebracht habe aus dem Ausland, aus Brasilien kommend. Und zwar bilden wir hier in Mannheim international rekrutierte Pflegekräfte für Großkliniken hier in der Nähe – das ist also das Universitätsklinikum Heidelberg und Tochterkliniken – aus. Und das mit einem sehr großen pädagogischen Aufwand, denn wir merken einfach, dass nicht nur der ganze Mensch, der da einwandert, auszubilden ist, sondern eben auch diese interkulturelle Arbeit – Übergangsmanagement nennen wir das, die Integrationsbegleitung, dass das etwas ist, was wir auch professionell machen. Das heißt, für unseren Institutsstandort hat sich das als Arbeitsschwerpunkt etabliert. Und wir machen das mit großer Freude, weil das auch für uns eine Bereicherung ist, sozusagen an der Ausgestaltung der Einwanderungsgesellschaft Deutschland mitzuarbeiten.

Das Goethe-Institut Mannheim hat sich zu einem Standort der Fachkräfte-Qualifizierung von entwickelt.

Sie hatten ja gesagt, Mannheim hat sich jetzt quasi als Standort gemausert für die berufliche Integration von ausländischen Pflegefachkräften. Können Sie darüber ein wenig berichten?

Zerwinsky: Das erzähle ich Ihnen sehr gerne, Frau Schumann. Im Grunde hat uns die Pandemie in die Neuzeit katapultiert. Wir waren bis 2019 ein gut gebuchtes Goethe-Institut im Inland, das über das Jahr hinaus sozusagen durchgehend von internationalen Kursteilnehmenden aufgesucht wurde. Das damalige Geschäftsmodell bestand eben darin, dass die Inlandsinstitute junge akademisch gebildete Menschen aus aller Welt begrüßen und ein dreiwöchiges oder manchmal auch sechs- oder achtwöchiges Programm anbieten, sodass man ein landeskulturelles „Geschnupper“ erleben konnte und eintauchen konnte in den Alltagen in Deutschland. Dieses Geschäftsmodell ist mit der Pandemie für Mannheim weggebrochen. Es kam einfach niemand mehr. Und wir haben dann sehr schnell als Goethe-Institut, als Institution insgesamt, gelernt daraus, haben digitalisiert, haben also alle unsere Lehrkräfte vor Laptops gesetzt und praktisch in der digitalen Lehre Erfahrungen gesammelt und haben im Grunde auch nachgeholt, was eben auch andere Länder und Kulturen schon längst tun.
Aber wir haben auch gemerkt, das frühere Geschäft kommt nicht zurück. Der Reisemarkt, die Lernkultur, die Lerngewohnheiten junger Menschen haben sich durch die Pandemie tatsächlich nachhaltig verändert. Wir haben ein Gästehaus gehabt, wir hatten leerstehende Unterrichtsräume und dann kam eben diese Not, dass wir akquiriert haben nach neuen Ideen, nach neuen Auftraggebern. Und das, was uns dann sozusagen geblieben ist und was jetzt aufwächst, ist dieses Thema des dramatischen Fachkräftemangels in der Bundesrepublik. Und die Idee, Fachkräfte zu qualifizieren und sozusagen andere Zielgruppen in den Blick zu nehmen, die ist dann gewachsen. Und das Geschäft betreiben wir jetzt seit 2022 sehr erfolgreich und bieten praktisch unser Haus an als Lernort für internationale Fachkräfte.

Mithilfe des GIZ-Projektes „Triple Win“ werden ausgebildete Pflegefachkräfte aus dem Ausland rekrutiert.

Aus welchen Ländern kommen denn die Menschen, die jetzt als Pflegefachkräfte in Deutschland arbeiten wollen und was motiviert sie nach Deutschland zu kommen? Was sind denn da ihre Eindrücke?

Zerwinsky: Interessant, dass Sie das fragen. Wir sind hier mit dem Auftraggeber Universitätsklinikum Heidelberg gestartet mit einer Fachkräftebrücke, die wir gebaut haben, zwischen dem Goethe-Institut in Tunis, in Tunesien und dem Goethe-Institut Mannheim mit ausschließlich tunesischen Pflegekräften. Das war sehr erfolgreich, das ist sehr gut gelungen und die Heidelberger Universitätsklinik rekrutiert ihre internationalen Fachkräfte mithilfe des GIZ-Projektes Triple Win. Die Auslandsrekrutierung wird über die Bundesrepublik und den Auftragnehmer GIZ gesteuert und die GIZ-Rekrutierung meines Wissens ist eben auch sehr ethisch und moralisch vertretbar. Die gucken genau hin, in welchen Ländern sie das machen und es sind jetzt europäische Staaten, also Bosnien und Herzegowina ist ein Beispiel, Serbien ist ein Beispiel, Kroatien ist ein Beispiel, wir haben aber auch türkische Fachkräfte schon gehabt.
Und es geht jetzt weiter in Drittstaaten. Also im Moment ist das ein Abkommen mit der indischen Regierung, sodass dann eben indische Pflegekräfte rekrutiert werden und meines Wissens ist die GIZ auch in anderen Drittstaaten tätig. Sie haben das ja vielleicht auch in der Presse verfolgt. Der Arbeitsminister fliegt dann zu einem Kollegenbesuch ins Ausland, schließt einen Vertrag und im Grunde ist das dann nachher das Land, aus dem Rekrutierung er auch erlaubt ist.

Und was motiviert die einzelnen Menschen nach Deutschland zu kommen?

Zerwinsky: Ganz interessante, spannende Frage, Frau Schumann. Die Menschen, die sich aufmachen Erwerbsmigration zu betreiben, kommen im Grunde mit einem Bild, dass sie in einer höheren Lebensqualität als in ihrem Herkunftsland leben, dass sie respektiert werden, sie kommen auch sehr gerne nach Deutschland, weil Deutschland als Einwanderungsland ihnen auch eine hohe Qualität zusichert. Und sie kommen im Grunde auch, in vielen Fällen habe ich ja persönlich mit den Menschen gesprochen, in der Hoffnung auf ein, wenn ich das mal runterbreche, in der Hoffnung auf ein besseres Leben.
Das sind professionelle Pflegekräfte, die einen Hochschulabschluss in ihren Ländern genießen. Deutschland ist das einzige Land in der Welt, wo Pflegekräfte nicht auf Hochschulbasis ausgebildet werden. Und dennoch ist das oft so, dass in den Herkunftsländern unter prekären finanziellen Bedingungen gearbeitet wird. Und viele Pflegekräfte haben ja berichtet, dass sie im Grunde auch eine Finanzierung suchen, die das ermöglicht, dass ihre Familie dann eines Tages nachkommt.

Wenn die Menschen jetzt kommen, die ausgebildeten Pflegefachkräfte, und sich dann für Deutschland entscheiden aufgrund dieser geschlossenen Abkommen mit dem Arbeitsministerium bzw. mit der Bundesregierung Deutschland, haben die denn dann bereits in ihren Heimatländern schon Deutsch gelernt oder kommen die einfach nur mit ihrer fachlichen Qualifikation und müssen komplett die Sprache neu lernen?

Zerwinsky: Nein, sie haben alle im Herkunftsland gelernt, idealerweise an den dortigen Goethe-Instituten. Und das Goethe-Institut hat eben weltweit tatsächlich dieses Thema der Fachkräftequalifizierung erkannt und betreibt das mit sehr viel Aufwand. Das heißt, ich kann Ihnen aus meinem persönlichen Beispiel erzählen. Ich war an meinem letzten Dienstort in Rio de Janeiro in Brasilien. Da haben wir die brasilianischen Pflegekräfte zu einer B1 geführt und dann an Arbeitgeber in Deutschland übermittelt. Und dann wurde eben in Deutschland zu B2 weiterqualifiziert. Das ist das mittlere gehobene Sprachniveau, das vorausgesetzt wird, damit man hier in Deutschland eben tatsächlich auch sozial und kulturell am Alltagsleben teilnehmen kann.

Die Pflegekräfte absolvieren in ungefähr 60 Kurstagen vier Sprachkursmodule, um Deutsch als Zweitsprache zu lernen.

Arbeiten denn die Teilnehmer an ihren Sprach- und Orientierungskursen auch schon parallel in der Uniklinik und können also Erfahrungen machen mit den Kommunikationssituationen in ihrem Arbeitsalltag oder ist das zeitlich voneinander getrennt, also in einer anderen chronologischen Reihenfolge?

Zerwinsky: Ja, das ist ein gutes Konstrukt, das wir hier vereinbart haben mit den Auftraggebern. Wir haben sozusagen die Pflegekräfte in einer Kohorte permanent hier bei uns, ganztägig über den Zeitraum von vier Sprachkursmodulen. Das sind ungefähr 60 Kurstage. Aber jede Woche findet ein Praxisnachmittag statt, sodass sie das Klinikum kennenlernen oder eben auch fachsprachliche Inhalte bekommen und das Klinikum übernimmt dann diese Gruppe nach Ausbildungsende bei uns und dann laufen die Pflegekräfte ein Jahr im Klinikalltag mit einer bereits examinierten und erfahrenen Pflegekraft mit und lernen sozusagen „on the job“ die Adaption ihres Berufes auf die hiesige Realität.

Neben DaZ-Kursen bieten wir auch „normale“ Deutschkurse für Erwachsene an und – als Träges des BAMF – auch Integrationskurse.

Sie haben ja gesagt, dass die Pflegefachkräfte aus unterschiedlichen Ländern kommen. Wie sieht das in den Kursen aus?

Zerwinsky: Neben dieser Fachkräfte-Qualifizierungsarbeit sind wir ein ganz normaler Standort für Deutschkurse für Erwachsene. Und das Klientel, das uns bucht, und zwar im Abendkurs oder Samstagskurs, ist hier in der Umgebung Mannheims und Umgebung. Das sind berufstätige Mitarbeiter von vielen Firmen hier in der Stadt und im Umkreis in der Metropolenregion Rhein-Neckar. Wir sind ja hier ein wirtschaftlich starker Standort mit großen Weltmarktführern, die natürlich auch internationale Mitarbeiter haben.
Das heißt, wir haben sozusagen zwei Themen. Wir haben einmal diese Pflegekurse in einem Intensivmodus und wir haben sogenannte Extensivkurse, die sich also über zwölf Wochen ausdehnen. Und das Klientel kommt eben aus der Wirtschaft. Und wir sehen da einen großen Unterschied, weil die Menschen leben schon hier. Die sind schon sozusagen integriert.
Und darüber hinaus, das wäre dann die dritte Säule, sind wir Träger des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und führen Integrationskurse durch. Integrationskurse des Bundes sind das Instrument der Bundesrepublik zur Integration für Neuzugewanderten. Und das ist der dritte Arbeitsbereich unseres Instituts. Das heißt, wir haben hier regelmäßig Integrationskursteilnehmende.
Wir sind vernetzt mit 30 anderen Integrationskursträgern hier in Mannheim und Umgebung und sind eben unmittelbar dadurch mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zusammen in der Verwaltung und Bewirtschaftung dieser Kurse. Und diese Trägerschaft ist im Grunde der Schwerpunkt unseres Instituts. Wir sind also sehr selbstbewusst und sagen, wir sind ein Goethe-Institut in Deutschland, das es sonst nicht gibt, mit dem Schwerpunkt Integration und Migration.

DaZ-Lehrkräfte benötigen eine hohe interkulturelle Kompetenz und fachdidaktisches Wissen im Bereich Zweitspracherwerb, um mit der Heterogenität der Lernenden umgehen zu können.

Also Sie bieten Berufssprachkurse an, normale Sprachkurse und Integrationskurse. Dann würde meine Frage nach der Diversität in den Kursen sich eher auf die Integrationskurse beziehen als und auf die normalen allgemeinen Sprachkurse?

Zerwinsky: Wir unterscheiden das schon einmal pädagogisch. Das eine ist die Konzeption „Deutsch als Fremdsprache“. Das ist die herkömmliche allgemeine Methodologie, mit der Erwachsene aus verschiedenen Herkunftsländern ausgebildet werden. Und wir haben ein spezifisches Profil, dass wir „Deutsch als Zweitsprache“ unterrichten. Das ist sozusagen die Vermittlung von Kompetenzen, die im Zweitsprachenerwerb ausgefeilt erarbeitet wurde. Das heißt, Menschen, die Herkunftssprachen mitbringen, aus anderen Nationen zu uns kommen, die werden von spezifisch geschulten Lehrkräften im Integrations- und Berufssprachkurs und in der Zweitspracherwerbspädagogik ausgebildet. Das bezieht sich eben auf nicht berufstätige, oder nicht zwangsläufig in einem Beruf arbeitende Menschen. Deutsch als Fremdsprache ist sozusagen der akademisch vorgebildete Mensch, der Fremdsprachen erworben hat, der lernt Deutsch als Fremdsprache.
Deutsch als Zweitsprache ist immer mit dem Beruf verschaltet. Was brauche ich, um in meinem Berufsalltag in der deutschen Arbeitswirklichkeit zu bestehen? Dann ist es auch sehr berufsspezifisch. Da werden auch Themen behandelt wie Orientierung in der Alltagsgesellschaft. Wie gehe ich um, wenn mein Chef dieses und jenes sagt? Was bedeutet das? Wie lese ich und interpretiere ich das? Damit sozusagen der erwerbstätige Mensch versteht, wie er hier zurechtkommt in unserem System, in unserer Arbeitswelt.

Wie gehen denn Lehrkräfte in Deutsch als Zweitsprache-Kursen und in Orientierungskursen mit Diversität um? Wie geht man als Lehrkraft damit um? Was läuft gut aus Ihrer Sicht? Was ist schwieriger?

Zerwinsky: Interessant, dass Sie das fragen. Die Diversität ist eine kulturelle Heterogenität. Die Lehrkraft steht im Klassenraum und hat eine unterschiedliche Herkunftsgemengelage. Sie muss mit verschiedenen Lernkulturen zurechtkommen. Das können unsere Goethe-Lehrkräfte, weil sie so ausgebildet sind. Wir haben eine Willkommenskultur, eine offene Haltung. Jeder Mensch ist bei uns wohl gelitten. Wir diskriminieren nicht nach Herkunft, Alter, Geschlecht, politischer Orientierung, religiöser Überzeugung, sondern wir versuchen, den Menschen an sich, so wie er da ist, auszubilden, zu qualifizieren. Die hohe Kunst, die pädagogische hohe Kunst der Lehrkräfte eines Goethe-Instituts sind so aufgebaut. Das heißt, die Lehrkräfte, die bei uns arbeiten, haben das in ihrer Genetik, die bringen das mit.
Die haben also diese Kompetenz. Das schulen wir, das bilden wir ausführlich fort. Die haben diese Kompetenz, Menschen innerhalb eines bestimmten Kurses zu einem bestimmten Ziel zu führen, ohne Rücksicht auf Herkunft und so weiter. Und die Diversität ist Alltag bei uns. Das Goethe-Institut ist in der Lehre auf Diversität spezialisiert.

Wie stelle ich mir das denn so konkret vor? Ich habe nie als Deutsch- als Grenzsprachenlehrerin gearbeitet. Ich bin selbst auch keine Lehrerin. Aber ich stelle mir vor, da gibt es einen Kurs, der nicht A1 ist, das niedrigste Niveau, und da sitzen Männer und Frauen aus verschiedenen Kulturen. Manche haben gar keine Schulbildung oder sind gar Analphabeten. Oder darf ich mir das gar nicht so kompliziert vorstellen? Ich denke mir immer, wie geht das? Wenn die Leute vielleicht nicht mal die eigene Schriftsprache beherrschen, also ihre Esssprache, ihre Muttersprache, dann müssen sie auch noch mit dem lateinischen Alphabet umgehen. Ich stelle mir das, ehrlich gesagt, unglaublich schwierig vor, da auch zu unterrichten. Ist das so?

Zerwinsky: Das ist tatsächlich so. Ein Integrationskurs geht über sechs Monate. Man hat also wirklich den Menschen jeden Tag bei uns. Auch ein allgemeinsprachlicher Gruppenkurs, der über zwölf Wochen geht, ist sehr intensiv. Wir arbeiten methodisch, didaktisch mit sehr modernen Unterrichtsformen. Das nennt sich Handlungszentrierung und Teilnehmerorientierung. Sie müssen sich das wirklich als virtuose Veranstaltung vorstellen, wo der Mensch im Zentrum steht. Wir fokussieren auf die Kommunikationskompetenz. Die Lehrkräfte haben vielerlei Methoden. Es findet einen systematischen Methodenwechsel und Sozialformwechsel statt, sodass man abends, wenn man einen Abendkurs macht oder einen Samstagskurs, dass man im Grunde auch so etwas Freudvolles erlebt. Man kommt in so eine Gesamtstruktur. Man hat eine konkurrierte Anzahl von Unterrichtsstunden, die im Grunde durchdidaktisiert sind und den Menschen wertschätzt. Wenn du nach dem ersten Abendunterricht ausschließlich in deutscher Sprache, wenn du am ersten Tag oder am ersten Kurs morgen bei uns rausgehst, kannst du schon dieses und jenes sagen. Das stärkt die Menschen, das beflügelt sie.
Was ich natürlich nicht damit sagen will, ist, dass Fremdsprachenerwerb anstrebt. Das ist anstrengend im Erwachsenen. Wenn sie eine Parallelität haben aus Berufsleben, vielleicht noch vom Familienalltag usw. Das ist richtig anstrengend. Aber es ist so, dass wir mit Grundrecht darauf stolz sind, dass unsere Lehrkräfte das wirklich sehr gut können, weil sie den Menschen in einer Gänze fördern und in allen Sinnen aktivieren, sodass der Mensch wachsen kann. Ich sage nicht, dass es immer gelingt. Aber es ist so, dass die Gruppe zieht die Leute mit.

Bevor ich zu meinem dritten Blog mit der Lehrkräfteausbildung gehe, habe ich eine Nachfrage nach Erfolgsquoten oder Abbrecherquoten von solchen Integrationskurs en.

Zerwinsky: Die Integrationskurs-Bestehensquote, das kann ich aus meiner Perspektive wirklich nicht sagen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erhebt das aber. Integration findet ja nicht nur im Sprachkurs statt, sondern muss im Berufsleben stattfinden. Und die Bestehensquote von unserer Seite, also die Abbrecherquote, ist gering. Einmal hier anfangen, beenden das auch. Ob Sie die Erwartungen erfüllen, die man an sich hat, da bitte ich um Verständnis. Das wage ich nicht zu prognostizieren. Das wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge deutschlandweit erhoben. Die Abbrecher- oder Bestehensquote, das ist jetzt im Grunde auch nicht mein Thema, sondern ich bin sozusagen der Zuständige, der hier den Kursbetrieb für Mannheim beobachtet. Wir haben keine Abbrecher.

Das Goethe-Institut Mannheim bildet auch DaZ-Lehrkräfte aus.

Und jetzt zu meinem, was ich eben schon angedeutet hatte, zu meinem dritten Thema, die Lehrkräfteausbildung. Weil sie nämlich nicht nur Kurse anbieten für Deutsch als Fremdsprache oder Deutsch als Zweitsprache oder Berufssprachkurse, sondern sie bilden die Lehrer und Lehrerinnen auch aus. Eigentlich regelt ja das BAMF, also das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, auch diese Lehrkräfteausbildung. Aber ich würde trotzdem gerne wissen, wie das konkret aussieht in Mannheim und wie diese Ausbildung so grob gegliedert ist.

Zerwinsky: Die Trägerschaft des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für unsere Integrations- und Berufssprachkurse ist im Grunde an die Durchführung von Lehrerqualifizierungen für diese beiden Kurstypen gebunden. Die Genese damals bei meinem Vorgänger, der das etabliert hat, war, wir sind als Goethe-Institut auch ein Ausbildungsstandort.
Wir bilden Lehrkräfte aus, das haben wir weltweit, da sind wir sehr stolz drauf. Aber wir haben es eben spezifisch auch für den Bereich DaZ, und das haben wir im Grunde jetzt im Moment in Mannheim. Die Lehrkraft, die hier zur Integrationslehrkraft ausgebildet wird, hat dann die Chance, im Integrationskurs, den wir durchführen, zu hospitieren und Erfahrungen zu sammeln.
So ist das gekoppelt, also die Zusatzqualifizierung für Lehrkräfte in Integrationskursen, so nennt man das, packen wir sozusagen zu den Integrationskursen dazu. Und die Lehrerqualifizierung, das machen ganz erfahrene Fortbildnerinnen, die beides tun, die unterrichten selber und bilden fort. Und indem sie selber langjährig schon unterrichtet haben, können sie eben sehr, sehr gut fortbilden und die Lehrkräfte darauf hinweisen, was alles passiert, was wichtig ist in dieser Integrationskursleitung.

Wie lange geht denn die Lehrkräfteausbildung? Und welche Qualifikationen muss man mitbringen, um sie antreten zu können?

Zerwinsky: Man muss im Grunde ein Hochschulstudium haben. Das ist ausgefeilt, hinterliegt auf den Seiten des Bundesamtes Zugang zu Zusatzqualifizierung, was braucht man alles. Sehr wertvoll ist, wenn man einen eigenen kulturellen Bildungshintergrund aus einem anderen Land mitbringt, weil das eben diese Brückenbildung ermöglicht. Und man braucht natürlich eine spezifische Affinität zum Lehrberuf. Das sind sehr oft Lehrkräfte, die sagen, Mensch, ich werde Integrationslehrkraft, weil ich selber, entweder meine Vorfahren oder ich selber, dieses Migrieren nach Deutschland erlebt habe. Oder ich bin die Enkeltochter von hierher migrierten Großeltern und ich weiß um diese kulturellen Unterschiede und kann die leben – und das ist echt, das gehört zu mir und ich kann das gut vermitteln.
Und der Zugang zu diesem spezifischen Beruf ist, glaube ich, bundesweit sehr hoch und der Bedarf ist sehr hoch. Die Integrationskurslehrkräfte sind im Grunde die Menschen, die die Einwanderung begleiten, die Integration ermöglichen. Das ist eine wirklich hohe Aufgabe, oder sagen wir auch, eine sehr verantwortungsvolle. Und es gibt, glaube ich, einen bestimmten Menschentyp, der sagt, ja, diese Aufgabe nehme ich ernst. Ich lerne diesen Beruf, weil mir das wichtig ist, dass das gelingt.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, ich komme jetzt zu meiner letzten Frage, was würden Sie ändern oder verbessern wollen in diesem ganzen Konglomerat, z.B. Deutsch als Zweitsprache, Deutsch als Fremdsprache, Integrations- und Orientierungskurse?

Zerwinsky: Wenn ich wirklich einen Wunsch hätte, ist, dass die Allgemeinheit, die Bevölkerung, das anerkennt, was Menschen, die hierherkommen, im Grunde auch hinter sich lassen. Wir nennen das so salopp Willkommenskultur. Wenn unsere derzeitige Entwicklung mit diesem wahnsinnig demografischen Wandel und den großen Alterskohorten, die jetzt wegbrechen und ein Nachwuchs eben sein muss, wenn man sagen würde, ja, Deutschland ist ein Einwanderungsland und wir lieben das, wir nehmen diese Leute auf, führen die ein und mein Nachbar hat einen Grillabend und da sitzt eben der Neuzugewanderte und ich zusammen. Wissen Sie, was ich meine? Es ist sowas sozial, kulturell, den Menschen zugewandtes.
Ich glaube, ich kann das gut beurteilen, weil ich selber in Einwanderungsländern gelebt habe, in klassischen Einwanderungsländern, wo eben an alles gedacht wurde, wo der Neuzugewanderte mit dem Blumenstrauß begrüßt wurde, schön, dass du da bist. Das würde ich mir wünschen, dass die bundesrepublikanische Gesellschaft allgemein sagt, ja, wir sind jetzt endlich ein wirklich gelingendes Einwanderungsland und wir machen es den Menschen verdammt nochmal nicht so schwer. Also ich entschuldige mich für diese Wortwahl. Wir haben diese bürokratischen Hürden nicht, da kommt Herr so und so und da freuen wir uns, da kommt eine tolle menschliche Persönlichkeit. Das wünsche ich mir, dass Einwanderung gelingt und dass wir dazu beitragen, dass es gelingen kann.

Das ist doch ein ganz wunderbares Schlusswort Frau Zerwinsky! Ich bedanke mich ganz herzlich für dieses Gespräch und ich glaube, dass das vielen Zuhörerinnen und Zuhörern wahrscheinlich doch einiges an Neuigkeiten bietet, sofern sie nicht eh schon aus diesem Bereich kommen.

Vielen Dank. Ich danke Ihnen, Frau Schumann.

(Transcribed by TurboScribe.ai. Go Unlimited to remove this message. Wir haben das Interview für eine bessere Lesbarkeit geglättet.)


Dieser Podcast steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Christine Schumann für Deutscher Bildungsserver



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