„Wie kriegt man Eltern zum Vorlesen?“

Audio-Linkempfehlungen zum Vorlesetag am 20. November

Zum bundesweiten Vorlesetag am 20. November hat sich Christine Schumann im Deutschen Bildungsserver und im Portal „Lesen in Deutschland“ auf die Suche nach Tipps gemacht, wie Erzieher*innen Eltern dazu bewegen könnten, ihren Kindern mehr vorzulesen.

Audio-Linkempfehlungen zum Vorlesetag


Lesefassung des Podcasts

Guten Tag und herzlich willkommen bei Bildung auf die Ohren, dem Podcast des deutschen Bildungsservers. Mein Name ist Christine Schumann.

32 Prozent der Eltern in Deutschland lesen ihren Kindern selten oder nie vor. Es fehlt ihnen an Zeit und Bereitschaft zum Vorlesen. Entweder weil sie im Haushalt anderes zu tun haben, sie zu erschöpft zum Vorlesen sind – oder es ihnen einfach keinen Spaß macht. Das sagen 49 Prozent der 528 Eltern von Kindern im Alter von 1 bis 6 Jahren, die in der Vorlesestudie 2020 von Stiftung Lesen, DIE ZEIT und Deutsche Bahn Stiftung mündlich und persönlich befragt wurden. Ich finde das ein bisschen niederschmetternd. Es zeigt, dass all die bislang von Bund und Ländern aufgelegten Programme und Initiativen zur Leseförderung nicht wirklich dazu beigetragen haben, dass Eltern ihren Kindern wieder mehr vorlesen.

Klar, in Kindertageseinrichtungen, Grundschulen und Büchereien gibt es unglaublich viele gute Initiativen. Die unzähligen Leseförderungsseiten beim Deutschen Bildungsserver und die Beiträge auf unserem Portal „Lesen in Deutschland“, auf denen ich mich umgeschaut habe, sprechen Bände! Auch Netzwerke für ehrenamtliche Vorleserinnen und Vorleses gibt es viele – aber die Eltern selbst scheint man damit nicht zu erreichen! 48 Prozent der befragten Eltern finden – laut Studie – dass ihren Kindern woanders schon genug vorgelesen wird. Hmm, was also könnte Erzieherinnen, Bibliothekarinnen oder Lehrerinnen dabei helfen, Eltern doch zum Vorlesen zu bewegen? Ich habe mich auf die Suche gemacht und will Ihnen ein paar Links empfehlen:

Eine der größten Initiativen, die Eltern zum Vorlesen bewegen will ist „Lesestart 1–2–3“, ein bundesweites Programm zur frühen Leseförderung, bei dem Eltern für ihre Kinder im Alter von einem, zwei und drei Jahren Lesestart-Sets erhalten. Das Programm hat auch einen Youtube-Kanal, auf dem ich unter anderem ziemlich gute 5 bis 10-minütige Filme mit Tipps zum „Vorlesen im Familienalltag“ gefunden habe. In meinem Lieblingsfilm, er dauert zwölf Minuten, erzählen Eltern, wie es ist vorzulesen, wie ihre Kindern darauf reagieren und welche Erfahrungen mit Büchern sie selbst als Kind gemacht haben. Ich finde, dass Erzieher*innen und Grundschullehrer die Vorlese-Tipps Eltern gut empfehlen können – oder den Film bei einem Elternabend zeigen können.

Für Leute, die gern was in der Hand haben, bietet sich die Broschüre „Macht Lesen Spaß? Lesen macht Spaß!“ des Hessischen Kultusministeriums an. Eltern mit Kindern vor und zum Schulbeginn werden darin auf die Bedeutung des Lesenlernens aufmerksam gemacht. Sie erhalten Einblicke in den Leselernprozess und Tipps, wie sie ihre Kinder beim Lesenlernen begleiten und unterstützen können.

Von den 528 befragten Eltern der Vorlese-Studie waren 358 Mütter und … 170 Väter. Vorlesen scheint also noch immer eher eine Aufgabe von Frauen zu sein. Aber Väter sollten die gesamte Leseerziehung nicht ihren Frauen überlassen! Jungen brauchen Väter als Lesevorbilder. Das hat MANNdat, eine unabhängige, überparteiliche Interessenvertretung für männliche Bürger, erkannt und das Projekt „Jungenleseliste“ ins Leben gerufen. Hier gibt es also Leseempfehlungen von Mann zu Mann – für Jungen und Jugendliche zwischen einem und 18 Jahren. Auch Studien zur Leseförderung speziell bei Jungen sind hier zu finden.

Für Eltern, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, beschreibt die Fachstelle für interkulturelle Bildung und Beratung – kurz FiBB – in Bonn gut verständlich, wie man kreativ mit Medien arbeiten kann. Die Praxisempfehlungen erklären in Leichter Sprache und auf Arabisch unter anderem, warum Vorlesen wichtig ist, wie man mit Kindern über das vorgelesene Buch spricht und wie toll es ist mehr als eine Sprache sprechen zu können. Außerdem wird noch beschrieben, wie ein Buch entsteht – und wie man selbst eins schreiben, malen und binden kann – mit genauer Anleitung. Ganz ehrlich? Die 88seitige Broschüre „Medien Kreativ“ für Eltern und pädagogische Fachkräfte ist ziemlich toll und weckt den Spaß an Büchern!

Wer handwerklich nicht so begabt ist, kann ein anderes Medium kreativ zum Vorlesen benutzen: Die kostenfreie App „Einfach vorlesen“ von Deutsche Bahn Stiftung und Stiftung Lesen. Jede Woche gibt es hier für Kinder ab 3, 5 und 7 Jahren drei neue Vorlesegeschichten aus bekannten Kinderbuchverlagen. Sie sind jeweils vier Wochen lang online, können ganz einfach auf dem Smartphone oder Tablet angeschaut werden und sind wie in einem Buch mit vielen Illustrationen versehen. Für Eltern und andere Vorleserinnen und Vorleser gibt es Vorlesetipps und die Möglichkeit, sich über Push-Benachrichtigungen der App oder per Newsletter über neue Vorlesegeschichten informieren zu lassen. Die App „einfach vorlesen!“ gibt’s kostenfrei im App Store von Apple und für Android-Geräte im Google Playstore.

Ein letzter Tipp für alle, die schon ehrenamtlich als Vorleser oder Vorleserin unterwegs sind: Ihnen bietet die Stiftung Lesen unter www.netzwerkvorlesen.de kostenlose Online-Fortbildungen an. Die Online-Seminare dauern jeweils ca. 45 Minuten und behandeln Themen rund um das ehrenamtliche Vorlesen – von Buchempfehlungen bis zur Öffentlichkeitsarbeit, von der Vorlesepraxis bis zum mehrsprachigen Vorlesen.

Und nun wünsche ich allen beim Vorlesen viel Vergnügen und empfehle dringend einen Besuch beim digitalen Vorlese-Festival, das am 20. November auf Instagram und Facebook stattfinden wird! Psst – auch Cornelia Funke ist dabei und liest aus ihrem neuen Buch „Drachenreiter“ vor.

Vielen Dank fürs Zuhören. Bis zum nächsten Mal!


Dieser Podcast steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Christine Schumann für Deutscher Bildungsserver


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