Warum wir die Zukunft unserer Kinder gefährden
Im Interview spricht der Sozialwissenschaftler Tim Engartner über eine notwendige Renaissance der Bildungsrepublik Deutschland, die Bedeutung politischer Bildung in der Schule und längst überfällige Entscheidungen der Bildungspolitik.
Bildungsungleichheit, Schulabbrüche, digitale Bildung, Unterrichtsausfall und Lehrkräftemangel – in dieser Episode von „Bildung auf die Ohren“ spricht unsere Kollegin Caroline Hartmann mit Prof. Tim Engartner, Professor für Sozialwissenschaften an der Universität zu Köln und Mitglied im Direktorium des Interdisziplinären Zentrum für empirische Lehrer*innen- und Unterrichtsforschung, über die derzeit größten Herausforderungen im deutschen Schulwesen. Engartner hat kürzlich das Buch „Raus aus der Bildungsfalle“ veröffentlicht.
Das Interview mit Tim Engartner
Lesefassung
Wir freuen uns, Herrn Prof. Engartner, Professor für Sozialwissenschaften an der Universität zu Köln und Mitglied im Direktorium des Interdisziplinären Zentrums für empirische Lehrer*innen- und Unterrichtsforschung, bei uns zu haben und mit ihm über seine Einschätzung der derzeit größten Herausforderungen im deutschen Schulwesen sprechen zu dürfen.
Herr Engartner, vielleicht wären Sie so freundlich, unseren Zuhörern ein wenig über sich selbst, Ihren Werdegang und Ihr derzeitiges Betätigungsfeld zu erzählen.
Engartner: Dankenswerterweise haben Sie in Ihrer Moderation schon gesagt, was ich derzeit tue. Tatsächlich befassen wir uns hier in Köln in meiner Arbeitsgruppe mit sozialwissenschaftlicher Bildung, wobei wir uns gerade insbesondere mit der Landschaft der politischen Bildung und dort insbesondere mit der Lehrkräftefort- und Weiterbildung befassen. In meinem gerade erschienenen Buch „Raus aus der Bildungsfalle“ analysiere ich dann auch sehr breit ausgewählte Schwachstellen des Bildungssystems, Schwerpunkt Schule, und versuche, einige Wege für eine Renaissance des Landes der Dichter und Denker aufzuzeigen.
Deutscher Bildungsserver: Dossiers zum Thema
Von meinem Hintergrund her bin ich Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler, habe in Bonn, Oxford und Köln studiert und war dann, wie es sich für eine wissenschaftliche Laufbahn gehört, an verschiedenen Standorten von Nord bis Süd tätig und auch zweimal in den USA. Und ja, ich habe zwei Jahre Referendariat durchlaufen, in grauer Vorzeit zwischen 2003 und 2005. Ich habe also Einblicke in die Schulrealitäten gewonnen, die über das Schülerdasein hinausgehen.
Die derzeit 5 größten Herausforderung im deutschen Schulwesen
Wenn Sie fünf Dinge im deutschen Schulwesen verändern könnten, welche wären das? Wo wären hier Ihre Schwerpunkte und welche Fragen treiben Sie derzeit am meisten um?
Engartner: Also, wenn es nur fünf Dinge gäbe, die man ändern dürfte, würde ich damit beginnen, dass der Unterrichtsausfall beendet werden muss. Es kann nicht sein, dass Abiturientinnen und Abiturienten bis zum Abitur durch Unterrichtsausfall ein ganzes Schuljahr verlieren. Zudem sehe ich die Gefahr darin, dass wir mittlerweile in einigen Bundesländern wie Sachsen-Anhalt etwa auf eine Viertagewoche zurückgefahren haben. Das Modellprojekt „4 plus 1“ sieht vor, dass Lernende nur noch an vier Wochentagen in der Schule empfangen werden, während sie am fünften Tag digital beziehungsweise hybrid beschult werden. Und das halte ich für fatal. Das Zweite, worauf ich setzen würde, ist, dass wir auch in den Schulferien eine verlässliche Betreuung brauchen. Wie sollen Eltern, die beide berufstätig sind und einen durchschnittlichen Jahresurlaubsanspruch von 28 Tagen haben, an den 75 regulären unterrichtsfreien Tagen die Kinderbetreuung gewährleisten, wenn sie nicht gerade auf Großeltern zurückgreifen können?
Digitalisierung sollte in Schulen nicht das vorrangige Qualitätsmerkmal sein
Das Giga-Thema unserer Zeit ist ja die Digitalisierung, es herrscht ja eine regelrechte Digitalisierungseuphorie. Und ich würde sagen, dass wir die nicht länger zum vorrangigen Qualitätsmerkmal erklären sollten. Gerade haben die Niederlande, Griechenland und Italien ein Handyverbot an ihren Schulen eingeführt. Über sowas könnte man nachdenken. Ich würde aber sogar auch weitergehen und sagen, dass Apple und Microsoft die Digitalisierung der Bildung derzeit massiv vorantreiben. Trotzdem üben Eltern, Schüler*innen und Lehrerschaft daran kaum Kritik. Die Probleme liegen für mich nicht in der fehlenden Digitalisierung, sondern vielmehr im wochenlangen Unterrichtsausfall, verdreckten Toiletten, unzureichend qualifizierten Lehrkräften und hohe Schulabbrecherquoten.
Hier müssen wir dringend ansetzen, um die Abwanderung in Richtung Privatschulsystem zu verhindern. Mittlerweile würde jedes dritte Kind von seinen Eltern am liebsten auf eine Privatschule geschickt, wenn es nicht an den finanziellen Möglichkeiten scheitern würde. Und das ist kein gutes Zeugnis für das staatliche Bildungssystem und das Schulsystem.
Viertens würde ich sagen, dass die Schulen besser ausgestattet werden müssen. Die weltbesten Schulen, darunter natürlich viele Privatschulen, verfügen über Sportplätze und Sporthallen, damit die Schülerinnen und Schüler Hockey, Handball, Fußball und Tennis lernen können. Zugleich gibt es dort Kleingartenanlagen, Theaterräume, Proberäume für Musikunterricht, Werkstätten, finanzierte Austauschprogramme mit Auslandsschulen und so weiter und so fort. Wir sollten uns an den besten Schulen der Welt orientieren. Dann würden wir auch dem Anspruch gerecht werden, uns als Bildungsrepublik Deutschland zu begreifen.
Und fünftens brauchen wir meines Erachtens eine Kultur der Anstrengung. Das fängt bei der inzwischen sehr laxen Vergabe von Noten an. Die Zahl der Einser-Abiture hat sich in den letzten zehn Jahren in einigen Bundesländern verdoppelt. Aber auch das regelmäßige Trainieren unseres Erinnerungsvermögens durch Auswendiglernen ist von herausragender Bedeutung, wird aber im schulischen Kontext nicht mehr so gesehen. Vielleicht auch, weil es Anstrengung bedeutet. Und es ist auch anstrengend, auswendig zu lernen, für Vokabeltests oder Grammatikregeln, wie das seinerzeit bei mir im Französischunterricht an der Tagesordnung war, fördert aber erwiesenermaßen die Wahrnehmungsgeschwindigkeit, die Memorierfähigkeit, das Kurzzeitgedächtnis und auch die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses.
Also mitunter kommt es mir ein bisschen so vor, als hätten wir vergessen, dass Bildung nicht nur dem Vergnügen dient, zumindest dann nicht, wenn harte Brocken zu erarbeiten sind. Die Zufriedenheit folgt oft erst, ähnlich wie beim Sport, wenn es geschafft ist. Das medial Dargestellte ist keineswegs nachhaltiger als das mehrfach Gelesene, mühsam Erarbeitete und im Unterricht Besprochene.
Das wären die fünf Punkte, von denen ich sagen würde, die müsste man angehen, wenn man denn die Renaissance der Bildungsrepublik Deutschland einleiten wollte.
Folge der fehlenden Investitionen in das Bildungswesen: Aus dem Land der Dichter und Denker wird das Land der Schreib- und Leseschwachen
Herr Engartner, Sie befürchten, dass aus dem Land der Dichter und Denker schon sehr bald das Land der Schreib- und Leseschwachen werden könnte. Wie konnte es Ihrer Meinung nach dazu kommen? Und wo, glauben Sie, sind hier die Stellschrauben, an denen wir jetzt dringend drehen müssten?
Engartner: Ja, ich glaube, dass wir lange Zeit es versäumt haben, Bildungspolitik als ein prioritäres Politikfeld zu definieren oder auch in der öffentlichen Diskussion zu platzieren. Bildungsinvestitionen sind langfristiger Natur. Das heißt, die Erfolge, wenn ich in Bildung investiere, werden nicht in der nächsten Legislaturperiode sichtbar, sondern erst mit einigem zeitlichen Nachlauf. Und das ist für die meisten Politikerinnen und Politiker uninteressant oder nicht so wichtig, weil sie immer auf die nächsten vier oder fünf Jahre schauen, für die sie gewählt sind. Das ist jetzt ressortübergreifend, könnte man als Problemfeld definieren. Ähnlich übrigens wie in der Verkehrspolitik.
Wir haben unter Verweis auf Goethe, Schiller und Lessing die Bildungsrepublik Deutschland ausgerufen, ohne dafür entsprechend Geld in die Hand zu nehmen. Ich will nur ein Beispiel nennen. Wir haben bei den Schulen einen Sanierungsrückstau von 55 Milliarden Euro. Obwohl wir wissen, dass ein hoher Bildungsstand in einem rohstoffarmen Land wie Deutschland schon allein wirtschaftlich von herausragender Bedeutung ist, wird in Kitas, Schulen und Hochschulen nach wie vor nicht ausreichend investiert, um einen europäischen Spitzenplatz oder einen weltweiten Spitzenplatz einzunehmen. Tatsächlich ist der Abstand zum Spitzenreiter Schweden bei den am Bruttoinlandsprodukt gemessenen Bildungsausgaben größer als zum EU-Schlusslicht Rumänien, das 3,1 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Bildung ausgibt.
Wir geben 5,1 Prozent aus. Also, soll der Niedergang des staatlichen Bildungssystems sowie der Trend in Richtung privater Kindergärten, Schulen und Hochschulen gestoppt werden, muss, meines Erachtens jedenfalls, die seit vielen Jahren diskutierte personelle und finanzielle Ausdünnung der staatlichen Bildungseinrichtungen so rasch wie möglich ein Ende finden.
(Politische) Bildung verspricht gesellschaftliche Stabilität
Vielen Dank. Herr Engartner, Sie vertreten die Auffassung, dass nur Bildung und hier besonders die politische Bildung gesellschaftliche Stabilität verspricht. Kitas, Schulen und Hochschulen müssten als Felsen in der Brandung auf die Demokratieförderung verpflichtet sein. Vielleicht wären Sie so freundlich, dies für unsere Zuhörer weiter auszuführen.
Engartner: Ja, man könnte jetzt bei einem Blick auf die Berichterstattung meinen, unsere größte Herausforderung sei der Fachkräftemangel. Tatsächlich kann es aber nicht nur um die Arbeitsmarktorientierung gehen, wenn wir Bildung gestalten. Wir sprechen ja von politischen, ökologischen, technischen und sozialen Umbrüchen, mit denen die heranwachsende Generation konfrontiert ist. Weshalb ich von Schulen und Hochschulen spreche, die wie Felsen in der Brandung auf die Demokratieförderung verpflichtet sein müssten. Sie sollen, ja sie müssen – insbesondere auch in postfaktischen Zeiten wie den unsrigen, in denen Falschmeldungen, Verschwörungsmythen und Legenden ungefiltert in die Welt gesendet werden und die die Demokratie im wahrsten Sinne des Wortes ins Wanken bringen.
Es war noch nie so einfach wie heute, Fake News zu verbreiten und den gesellschaftlichen Diskurs durch eben diese Falschmeldungen zu verzerren. Und deshalb ist politische Bildung wichtiger denn je. Dabei ist es mir wichtig, dass wir nicht alles dem Wohlstand, der Wohlstandsförderung und der Arbeitsmarktorientierung unterordnen, sondern dass sich Bildung explizit und vorrangig auch der Demokratie verpflichtet. Um das auch nochmal zu ergänzen: Als Orientierung im Faktendschungel bedarf es auch der Vermittlung von Lehrkräften, die nicht nur informiert sind, sondern auch Haltung zeigen. Und deshalb kann ich nur immer wieder darauf pochen, dass Demokratieförderung, Medienkompetenz, politische Bildung in den Mittelpunkt der schulischen Bemühungen gerückt werden muss, auch in Zeiten der Globalisierung, und auch in Zeiten des Klimawandels und auch in Zeiten der Digitalisierung. Bei der Informationsgewinnung müssen wir auf der Hut sein und Kinder und Jugendliche darauf drängen, dass sie schauen, wo sie ihre Quellen haben, wenn sie sich Informationen verschaffen.
Politische Bildung muss in den disziplinär einschlägigen Schulfächern der Sozialwissenschaften vermittelt werden, aber auch im fachübergreifenden Unterricht. Das heißt, auch wenn ich im Deutschunterricht ein Brechts-Zitat analysiere, im Kunstunterricht Wahlwerbung interpretiere und im Physikunterricht die atomare Energiegewinnung diskutiere, wird damit ein Beitrag zur politischen Urteilsbildung geleistet, und das ist total essentiell, um die Schule nicht als politikfernen oder politikfremden Raum dastehen zu lassen. Die Schule ist bekanntlich der zentrale Erfahrungs-, Schutz- und Sozialisationsraum, und in diesem Kontext, gerade auch im Pflichtschulkontext, muss so viel Bildung, aber auch politische Bildung stattfinden, um die Demokratie als Fels in der Brandung gegen Extremismen zu verteidigen.
Und wollen wir der bei jungen Menschen zu verspürenden Parteien-, Fakten- und Institutionenverdrossenheit sowie dem dadurch Aufschwung erhaltenen Rechtspopulismus begegnen, müssen wir anerkennen, dass sich unsere Bemühungen nicht nur in der Migrations- und Steuerpolitik oder der sozialen Arbeitsmarktpolitik erschöpfen dürfen, sondern eben auch maßgeblich die Bildungspolitik betreffen. Der seit mehr als einem Jahrzehnt aufkeimende Rechtspopulismus, der sich ja auch in Gestalt der AfD parlamentarisch verbreitet und verfestigt, rüttelt an den Grundfesten unseres Werte-, Gesellschafts- und Rechtssystems, und wir müssen lernen, Haltung statt Zurückhaltung zu zeigen, und dazu braucht es zwingend mehr politische Bildung. Man könnte aber auch so weit gehen und sagen, dazu braucht es mehr Bildung insgesamt.
Folgen der Einser-Inflation im Schul- und Hochschulbereich
Herr Engartner, Sie warnen vor der derzeitigen Einser-Inflation. Vielleicht wären Sie so freundlich, uns hier ein wenig an Ihren Bedenken teilhaben zu lassen.
Engartner: Ich gönne natürlich jedem einen sehr guten Schulabschluss, auch einen sehr guten Hochschulabschluss, aber als jemand, der jetzt schon seit 20 Jahren im System der Hochschulen unterwegs ist, beobachte ich eben auch, dass mittlerweile vier von fünf Studierenden ihr Studium mit „sehr gut“ abschließen – und diese Noteninflation, birgt für mich eine Gefahr.
Wenn alle ein Einser-Abitur ablegen, erwirbt letztlich niemand mehr ein tatsächlich sehr gutes Abitur. Und schlimmer noch, diese Noteninflation gefährdet das Ziel, mit dem Abitur eine Studierbefähigung zu vermitteln. An den Hochschulen schlagen viele Abiturientinnen und Abiturienten auf, die Vorkurse in Mathematik oder Fremdsprachen besuchen müssen, um nicht gleich schon im ersten Semester abgehängt zu werden. Und wenn Lehrkräfte und Hochschullehrende ausdrücklich gute Noten geben, verstoßen sie gegen das pädagogisch wichtige Prinzip der Gerechtigkeit. Denn wenn alle eine Eins bekommen, sind diejenigen im Nachteil, die wirklich eine Eins verdienen. Viele glauben, mit einer großzügigen Erteilung sehr guter Noten würden Effekte der sozialen Herkunft nivelliert. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Die Noteninflation verstärkt solche Effekte sogar: Studien- und Arbeitsplätze werden am Ende nicht mehr mit den am besten geeigneten Personen besetzt, sondern im Schatten indifferent gewordener Noten mit Personen, die sich aufgrund ihrer sozialen Herkunft besonders gut darstellen können und zum Arbeitgeber zu passen scheinen. Da spielt dann der Habitus zum Beispiel eine große Rolle.
Und zudem birgt die Noteninflation bei leistungsstarken Personen die Gefahr eines Produktivitätsabfalls. Wenn man weiß, dass man für eine gute oder sehr gute Note nicht wirklich seine Bestleistung erbringen muss, dann reagieren die Besten auch getreu dem Motto, ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es springen muss. Also kurzum, wenn erbrachte Leistungen nicht im Einklang mit der Notenskala stehen, ist das eine Absage an das Leistungsprinzip.
Und das ist schädlich, einmal für den Anstrengungswillen, dann aber auch für die Bildungsgerechtigkeit und schließlich auch für das Bildungssystem insgesamt. Gleichzeitig – das ist ja ein durchaus kontroverser Punkt – könnte man dann sagen, dann schaffen wir Noten gleich ab. Mir wäre das allemal lieber als das, was wir gegenwärtig erleben, mit einer Homogenisierung des Notenspektrums, sodass die Noten nur noch eine vermeintliche Aussagekraft haben. Dann könnte man gleich ganz von Noten abkehren. Dafür hätte ich persönlich noch mehr Sympathien als für die derzeitig starke Inflationierung von besten Noten.
Die Erkenntnisse sind da, es fehlt nur an Entscheidungen
Und jetzt die entscheidende Frage: Wie machen wir weiter und wo setzen wir an?
Engartner: Der Aufgabenkatalog ist natürlich riesig. Ich würde aber vor allen Dingen anmahnen – und das habe ich in den zehn Schlussfolgerungen meines Buchs „Raus aus der Bildungsfalle“ auch getan – dass wir uns darauf verständigen, das zu tun, was einhellig gut für das Bildungssystem wäre. Es fehlt nicht an Erkenntnissen und Vorschlägen, sondern an Entscheidungen. Also warum beginnen wir nicht beim Naheliegenden und Unstrittigen? Dass bauliche und personelle Mängel das Schulsystem lähmen, macht nicht nur das jährlich erscheinende Schulbarometer der Robert-Bosch-Stiftung deutlich. Ein weiteres Beispiel für das, was wissenschaftlich unumstritten ist und daher schnellstmöglich eingelöst gehört, ist die flächendeckende, kostenfreie und möglichst frühe Förderung von Kindern in Kitas.
Also die Inanspruchnahme von Bildungsangeboten erst mit der Einschulung verpflichtend zu machen, ist erwiesenermaßen zu spät. Der Rückstand, der sich in den ersten sechs Lebensjahren aufgebaut hat, wenn Kinder bis dahin noch in kein Buch hineingeschaut haben und nicht regelmäßig der deutschen Sprache ausgesetzt waren, ist danach kaum noch aufzuholen. Auch die Trennung nach der vierten Jahrgangsstufe kommt zu früh. Das belegen alle empirischen Studien, gleich in welchem Kulturkreis, gleich in welchem Schulsystem. Darauf müssten sich die Bildungs- und Kultusministerien verständigen.
Wir haben wirklich dramatische Zustände, und unsere Gesellschaft kann es sich nicht leisten, große Teile der künftigen Generationen schon während der primären Bildungsphase zu verlieren, beziehungsweise abzuhängen. Also es ist Zeit, dass wir zur Tat schreiten und nicht länger tatenlos zusehen.
Wir bedanken uns ganz herzlich für dieses Gespräch.
(Transcribed by TurboScribe.ai. Go Unlimited to remove this message. Wir haben das Interview für eine bessere Lesbarkeit geglättet.)
Dieser Podcast steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Dr. Caroline Hartmann für Deutscher Bildungsserver