Gastbeitrag: Prof. Dr. Beatrice Rammstedt & Daniela Ackermann: PIAAC – Grundkompetenzen Erwachsener: Ergebnisse und Ausblick

Seit der Veröffentlichung der PIAAC-Studie wird die Expertise der Projektleiterin für PIAAC in Deutschland Prof. Dr. Beatrice Rammstedt und ihrer Mitarbeiterin Daniela Ackermann permanent sehr stark nachgefragt. Aber sie haben nun Zeit gefunden, unserer Bitte nachzukommen, und sich zu einem Beitrag über PIAAC bereit erklärt. Wir freuen uns sehr, dass damit die Reihe der Gastbeiträge im bildungsserverBLOG zu PIAAC fortgesetzt werden kann, und wünschen eine interessante Lektüre.Noch ein Hinweis: beim Deutschen Bildungsserver steht ein Dossier zu PIAAC zur Verfügung mit direkten Verweisen auf die Studie, die Kurzfassung, zur Vorgeschichte und einer Auswahl an Stellungnahmen.

Prof_Dr_Beatrice_Rammstedt

Prof. Dr. Beatrice Rammstedt ist Projektleiterin (NPM) für PIAAC in Deutschland und Professorin für Psychologische Diagnostik, Umfragedesign und Methodik an der Universität Mannheim sowie wissenschaftliche Leiterin der Abteilung Survey Design and Methodology bei GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften.

Daniela_Ackermann

Daniela Ackermann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im nationalen PIAAC-Team bei GESIS.

PIAAC wurde bereits 2008 von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) initiiert. Am 8. Oktober 2013 wurden nun die Ergebnisse der Studie veröffentlicht, welche in mehr als 20 Ländern Grundkompetenzen Erwachsener im internationalen Vergleich untersuchte. Zum ersten Mal liegen mit PIAAC nun international vergleichende Daten von sehr hoher Qualität über die zentralen Grundkompetenzen Erwachsener vor. Dabei standen Lesekompetenzen, alltagsmathematische Kompetenzen sowie Problemlösekompetenzen im Kontext neuer Technologien im Fokus. Sie bilden eine wichtige Grundlage für die Entwicklung zahlreicher weiterer spezifischer Kompetenzen und Fertigkeiten.

Ergebnisse für Deutschland
Im internationalen Vergleich liegen die Grundkompetenzen für Deutschland in allen drei Domänen mehr oder minder im durchschnittlichen Bereich. So zeigen die Ergebnisse, dass Deutschland eine leicht unterdurchschnittliche Lesekompetenz, eine leicht überdurchschnittliche alltagsmathematische Kompetenz und eine durchschnittliche technologiebasierte Problemlösekompetenz aufweist.

Das unterdurchschnittliche Abschneiden Deutschlands im Bereich der Lesekompetenz ist hauptsächlich durch Schwächen im unteren Leistungsbereich begründet. Bei den leistungsschwächsten Viertel der Deutschen verdoppelt sich der Abstand zum OECD-Durchschnitt. Umgekehrt lässt sich das leicht überdurchschnittliche Abschneiden in der Alltagsmathematik auf Stärken im oberen Leistungsbereich zurückführen.

Betrachtet man die verschiedenen Länder im Vergleich zeigt sich, dass die Kompetenzwerte der meisten Länder recht homogen sind. So liegen die Lesekompetenzwerte von mehr als der Hälfte der Länder in einer Spanne von fünf Punkten um den OECD-Mittelwert. Mit Abstand die höchsten Werte in der Lese- und alltagsmathematische Kompetenzen erzielt Japan; die niedrigsten Werte erreichen Spanien und Italien.

Stärker noch als die Länder untereinander unterscheiden sich verschiedene Bevölkerungsgruppen innerhalb der Länder. Nicht überraschend unterscheiden sich besonders deutlich Personen mit einem unterschiedlichen Bildungsabschluss: So haben – über alle Länder hinweg – Personen mit einem niedrigen Abschluss im Mittel geringere Kompetenzen. Besorgniserregend aus deutscher Perspektive ist in diesem Zusammenhang, dass mehr als die Hälfte der Personen mit maximal einem Hauptschulabschluss nur über sehr geringe Lese- und alltagsmathematische Kompetenzen verfügen. Aufgrund der sehr geringen Grundkompetenzen und des niedrigen Bildungsabschlusses ist zu befürchten, dass diese Personengruppe geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat und somit ebenfalls vergleichsweise geringere Möglichkeiten die Grundkompetenzen im beruflichen Kontext weiterzuentwickeln.

Zwar wurden in PIAAC keine berufsspezifischen Kompetenzen erfasst, die Ergebnisse zeigen jedoch, dass höhere Grundkompetenzen mit Arbeitsmarkterfolg einhergehen. So zeigt sich, dass höhere Grundkompetenzen für die Teilhabe am Arbeitsmarkt relevant sind: Erwerbstätige weisen im Mittel höhere Grundkompetenzen auf als Nicht-Erwerbspersonen oder Erwerbslose. Personen mit geringeren Kompetenzen haben demnach ein erhöhtes Risiko erwerbslos zu sein. Daneben zeigt sich, dass Personen mit höheren Kompetenzen im Mittel auch mehr verdienen, als Personen mit geringeren Kompetenzen. Auch der Bildungshintergrund der Eltern spielt im Erwachsenenal¬ter eine Rolle für Kompetenzunterschiede. Besonders in Deutschland, nur noch übertroffen von den Vereinigten Staaten, besitzen Personen deren Eltern einen niedrigeren formalen Bildungsabschluss haben, auch im Erwachsenenalter geringere Kompetenzen, als Personen deren Eltern einen höheren Abschluss haben.

Insgesamt betrachtet zeigen die Ergebnisse von PIAAC deutlich Parallelen zu den PISA-Ergebnissen der letzten Jahre. Wie in PISA 2000 zeigt sich in PIAAC eine im internationalen Vergleich unterdurchschnittliche Lesekompetenz. Diese ist insbesondere auf Schwächen im unteren Leistungsbereich zurückzuführen. Ebenfalls wie in PISA ist in Deutschland der Effekt der sozialen Herkunft besonders stark ausgeprägt.

Ähnlich wie in den aktuellsten Ergebnissen von PISA, welche Anfang Dezember veröffentlicht wurden, ist auch in PIAAC ein positiver Trend in der Lesekompetenz zu erkennen: Betrachtet man die Lesekompetenz der jüngsten Gruppe, nämlich 16- bis 24-Jährigen, im internationalen Vergleich zeigt sich ein positiveres Bild aus deutscher Perspektive: Die Jüngsten erzielen im Mittel deutlich bessere Lesekompetenzen, welche sich nicht mehr vom internationalen Durchschnitt unterscheiden.

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