FRAGEN AN Wilfried Frei, dem leitenden Redakteur des österreichischen Portals erwachsenenbildung.at und Geschäftsführer des CONEDU Vereins für Bildungsforschung und -medien. Wir sprachen mit ihm über Wahrnehmung, Wertschätzung und Herausforderungen des Deutschen Bildungsservers.
Herr Frei, wie wird das Angebot des Deutschen Bildungsservers in Österreich wahrgenommen?
Als ein redaktionell gepflegtes Angebot und nicht als ein Sammelsurium, in das Leute beliebig Informationen hineinwerfen. Für mich ist der Deutsche Bildungsserver eine überaus fruchtbare Ressource! Zugegeben, manchmal bin ich überfordert, wenn über meine abonnierten rss-feeds täglich mehrere Dutzend neue Meldungen hineingespült werden. Aber es zeigt mir, wie viele Inhalte beim DBS gesammelt und publiziert werden – das ist schon phänomenal! Beeindruckend sind auch Vernetzung und Komplexität der Informationen; sie betreffen die unterschiedlichen Ebenen des Bildungssektors und umfassen verschiedenste Institutionen.
Vieles davon ist auch für Österreich relevant?
Ja, nicht nur, weil uns hier vergleichbar potente Datenbanken fehlen: Der Deutsche Bildungsserver ist eine wichtige Quelle von Ressourcen und Informationen für den großen gemeinsamen Bildungsraum in ganz Europa und speziell im deutschsprachigen Raum. Der Fachdiskurs ist nicht an nationale Grenzen gebunden!
Was sind – aus österreichischer Perspektive – die Besonderheiten des Deutschen Bildungsservers?
Eindeutig die personellen Ressourcen und die Struktur, die es benötigt, um ein derart komplexes Medium überhaupt zu betreiben. Aus Sicht der österreichischen Erwachsenenbildung blicke ich da ein bisschen neidvoll darauf. Hier herrscht die Sorge vor, dass eine schulische oder akademische Sicht auf die Erwachsenenbildung dominieren könnte und in die gewachsene „Graswurzelbewegung“ Ansprüche hineingetragen werden, die ihren genuinen Ansprüchen nicht gerecht werden. Der non-formale Sektor versucht sich, durchaus berechtigt, einer solchen Formalisierung zu entziehen – das macht das sektorübergreifende Zusammenarbeiten oft schwierig und abhängig von persönlichen Bekanntschaften und Vertrauen. Für mich stellt sich der DBS als ein hochstrukturiertes System von Zulieferern dar, die Inhalte nicht nur bereitstellen, sondern auch eigens redaktionell aufbereiten. Dass das in den letzten 20 Jahren so gut gelungen ist, finde ich schon sehr beeindruckend.
Und das ist in Österreich nicht machbar?
Ein Beispiel: Wir wollen eine neue Datenbank aufbauen oder integrieren und wissen, dass es im schulischen Bereich etwas Passendes bereits gibt. Wir könnten also gut kooperieren, stoßen aber in unserer eigenen Szene auf die Befürchtung, dass eine solche Übernahme aus anderen Bildungsbereichen die Kultur der Erwachsenenbildung über die Maßen formalisieren würde. Beim Deutschen Bildungsserver gelingt es meiner Wahrnehmung nach sehr gut, die verschiedenen Bereiche zu integrieren und in ihren jeweiligen Eigenarten gut abzubilden.
Sehr inspirierend finde ich auch das Kooperationsnetzwerk des DBS. Ich erlebe hierzulande oft das Gegenteil: Damit unsere Nutzer ihre Inhalte auch teilen, muss ich den Vorteil einer Internetpräsenz immer wieder auf’s Neue kommunizieren.
Stichwort: Chancen und Risiken. Welche Herausforderungen sehen Sie für Bildungsportale?
Die Zugänglichkeit zu Informationen, die wirksame Ansprache von Zielgruppen – das ist ein ganz großes Thema, auch für uns. Wo sind, in Zeiten von lernenden Maschinen und totaler „Googelisierung“, die Grenzen eines Informationsportals, das eine in 20 Jahren gewachsene Struktur hat und zweifellos vieles leistet? Wann wird das endlich? Das frage ich mich auch bei unserem Angebot. Es kommen jüngere Generationen, die das Denken in solchen Katalogen kaum mehr kennen und nutzen.
Was wünschen Sie dem Deutschen Bildungsserver zum 20. Geburtstag?
Dass es ihm gelingt, seinen Nutzerinnen und Nutzern Inhalte mundgerecht anzubieten. Und das bitte nicht mit der unsäglichen Diskussion verbinden, wie wir sie in Österreich kennen: Niedrigschwellige Angebote führen zu einem „Niedergang der Bildung“! Solche elitären Ansprüche verunmöglichen berechtigte Ansinnen.Inhalte gut sichtbar zu machen, auch für Leute, die nicht in Katalogen blättern und nur Google kennen, ist aus meiner Sicht die größte Herausforderung für einen so großen „Link-Katalog“ wie den Deutschen Bildungsserver.