Digitales Lernen in der beruflichen Bildung

Interview mit Dietmar Hefendehl, Projektleiter HubbS

Die Digitalisierung verändert die berufliche Bildung rasant: Lehrkräfte müssen digitale Kompetenzen vermitteln, heterogene Klassen begleiten und trotz knapper Ressourcen modernen Unterricht gestalten. Digitale Tools, rechtssichere Materialien und funktionierende Vernetzung werden dabei immer wichtiger.

In dieser Folge von „Bildung auf die Ohren“ spricht unsere Redakteurin Dr. Caroline Hartmann mit Dietmar Hefendehl, Projektleiter von HubbS – dem digitalen Hub für berufliche Schulen. Er erläutert, warum digitale Plattformen, OER, Datenschutz-Wissen und kollaborative Lernstrukturen heute unverzichtbar sind und wie HubbS Lehrkräfte bundesweit unterstützt.

Zudem zeigt er, welche Chancen digitale Lernortkooperationen bieten und welche Entwicklungen er sich für die Zukunft der beruflichen Bildung wünscht.

Zum Interview mit Herrn Dietmar Hefendehl

(10:11min)


Lesefassung

Herr Hefendehl, bitte stellen Sie sich unseren Zuhörer*innen einmal kurz vor.

Dietmar Hefendehl: Gerne! Mein Name ist Dietmar Hefendehl, ich bin Projektleiter von HubbS – dem „Hub für berufliche Schulen“ und arbeite seit knapp 4 Jahren beim FWU an und für dieses Portal. Seit etwa 25 Jahren bin ich mit dem Auf- und Ausbau von digitalen Lern- und Lehrplattformen beschäftigt, ein Bereich in dem sich enorm viel verändert hat – gerade auch im Moment.

Wie kam es zu diesem Projekt in der Beruflichen Bildung?

Dietmar Hefendehl: Die Berufliche Bildung wurde bei der Finanzierung von Bildungsprojekten oft übersehen. Aber in der Berufsschule ist man pragmatisch und hat schon immer irgendwie Lösungen gefunden. Doch auch in diesem Bereich leiden die Lehrkräfte an Fachkräftemangel und Ressourcenknappheit. Viele Berufe entwickeln sich in einer digitalisierten Welt schnell, die Klassen werden immer heterogener und damit steigen die Anforderungen an die Lehrkräfte einerseits, mit der Entwicklung Schritt zu halten, aber andererseits auch, dem erhöhten individuellen Förderbedarf nachzukommen.

Das hat man in den Kultusministerien erkannt und 2020 den Grundstein für HubbS gelegt. Gefördert durch den Digitalpakt und unterstützt von allen 16 Bundesländern war es das Ziel, eine bundesweite digitale Infrastruktur für Berufsschullehrkräfte aufzubauen, um sie mit ganz praktischen Tools in Ihrer Arbeit zu unterstützen.

HubbS kurz erklärt: Digitale Plattform für Berufsschullehrkräfte

Was genau ist HubbS – und warum sollte jede Berufsschullehrkraft die Plattform kennen?

Dietmar Hefendehl: HubbS ist die bundesweite Community für Lehrkräfte der Berufsausbildung. Wir bieten alles, was man für modernen Unterricht braucht: eine Mediathek mit kostenfreien und rechtssicheren Materialien, praktische Tools wie einen Editor zum einfachen Erstellen von digitalen Unterrichtsmaterialien, eine Cloud-Ablage und Videokonferenzen – und vor allem die Möglichkeit, sich mit Kolleginnen und Kollegen aus ganz Deutschland zu vernetzen.

Digitale Kompetenzen für Lehrkräfte und Auszubildende

Welche digitalen Kompetenzen sind heute besonders gefragt – bei Auszubildenden, aber auch bei Lehrkräften?

Dietmar Hefendehl: Bei Auszubildenden zählen heute vor allem digitale Kommunikationsfähigkeit, der sichere Umgang mit branchenspezifischer Software, Datenanalyse und ein grundsätzliches Verständnis von Automatisierung und KI. Lehrkräfte brauchen zusätzlich didaktische Kompetenzen im Umgang mit digitalen Tools und Lernplattformen, Kenntnisse zu Datenschutz und KI sowie die Fähigkeit, offene Bildungsressourcen (also sogenanntes OER-Material) gezielt zu nutzen.

Auch ohne KI hat sich in der Bildungslandschaft enorm viel verändert und es wird höchste Zeit, dass Urheberreicht, Lizenzen und OER fester Bestandteil der Lehrkräfteausbildung werden. In einer digitalisierten (Lern-)Welt spielt der Datenschutz und das Urheberrecht eine große Rolle und stiftet Verunsicherung unter LK. Das führt bei vielen dazu, die eigene Arbeit nicht mit anderen zu teilen, und damit zum Gegenteil dessen, was die OER-Kultur verspricht: Offenheit, gegenseitige Unterstützung und optimierte Lehrmaterialien durch die Community.

Bedeutung der digitalen Vernetzung in der beruflichen Ausbildung

Welche Rolle spielt die Vernetzung in der beruflichen Ausbildung?

Dietmar Hefendehl: Die Landesinstitute stellen den Lehrkräften der beruflichen Bildung in den meisten Bundesländern bereits eine sehr gute Infrastruktur zur Verfügung, die sich aber in engen Grenzen bewegt. Neben einer stabilen digitalen Infrastruktur braucht es außerdem Vernetzungsstrukturen, die über Schulen und Landesgrenzen hinausreichen. Gerade für die kleinen oder sogenannten Splitterberufe, die nur an wenigen Standorten unterrichtet werden, ist das ein großer Mehrwert.

Welche Aspekte der Digitalisierung unterstützen Lehrkräfte im Alltag?

Dietmar Hefendehl: Im Schulalltag möchten Lehrkräfte schnell passende Materialien finden, diese mit den richtigen Tools für den Einsatz in der eigenen Klasse anpassen und im Idealfall auch KollegInnen kontaktieren können, die sie fachlich oder auch didaktisch unterstützen. Da geht es eben nicht darum, schnell ein paar Seiten aus einem Fachbuch zu kopieren, sondern in Kollaboration mit anderen Best Practices zu erfahren und für die eigene Arbeit einzusetzen. Da sind wir wieder beim Thema OER, das in einer digitalisierten Lernumgebung ein riesiger Vorteil sein kann.

Digitale Vernetzung in der beruflichen Bildung

Austausch und Vernetzung klingt gut – aber funktioniert das wirklich?

Dietmar Hefendehl: Absolut. Warum soll man immer wieder das Rad neu erfinden, wenn es doch schon da ist? Ich bin davon überzeugt, dass jede Lehrkraft echte Schätze an Unterrichtsmaterialien auf ihrem Rechner hat. Und wenn jede auch nur einen Teil davon für andere Lehrkräfte zur Verfügung stellt, können alle davon profitieren. Der Austausch in HubbS funktioniert in kleinen Gruppen mit vertrauten Kolleginnen und Kollegen sowie im großen Stil in der frei zugänglichen Mediathek. Dagegen hakt es aber noch im Austausch zwischen den verschiedenen Lernorten.

Digitale Lernortkooperation in der Praxis

Stichwort Lernortkooperation: Wie kann die Zusammenarbeit zwischen Betrieb, Berufsschule und überbetrieblichen Bildungseinrichtungen digital besser gelingen?

Dietmar Hefendehl: Die Digitalisierung kann ein zentraler Schlüssel für erfolgreiche Lernortkooperation werden – aktuell sehe ich hier einen großen Bedarf auf allen beteiligten Seiten. Die meisten Tools beschränken sich aber bislang auf einzelne Lernorte, etwa Betriebe oder Schulen und gehen nicht über Landesgrenzen hinweg. Was fehlt, ist der verbindende, datenschutzkonforme digitale Raum für die gemeinsame Arbeit an Inhalten und die Durchführung von Projekten. Wie können die Ausbildungsbetriebe, die Schulen, die außerschulischen Lernorte in besseren Austausch kommen, Ausbildungsinhalte abstimmen und eine individualisierte Betreuung gewährleisten?
Bestehende Plattformen richten sich entweder an Lehrkräfte oder an Ausbildungspersonal. Perspektivisch gilt es nun, diese Communities zusammenzubringen und eine seriöse Infrastruktur aufzubauen.

Es gibt einzelne Pilotprojekte, die zeigen, dass digitale Zusammenarbeit über Standorte hinweg funktioniert – vorausgesetzt, die technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen stimmen. Hier heißt es, die Bedürfnisse der Zielgruppen in Erfahrung zu bringen, von Best Practices zu lernen und schnell zu handeln. Denn wir stehen noch ganz am Anfang und die technologische Entwicklung lässt sich durch bürokratische Hindernisse nicht aufhalten.

Was wünschen Sie sich für die berufliche Bildung?

Dietmar Hefendehl: Ich wünsche mir, dass die Berufsschullehrkräfte die Unterstützung erhalten, die Ihnen ihre wichtige Arbeit erleichtert. Dazu gehört für mich ein zentraler digitaler Treffpunkt für alle Lehrkräfte, in dem ein geschützter Austausch möglich ist und der im Bedarfsfall auf alle außerschulischen Lernorte und vor allem die Betriebe ausgeweitet werden kann. Für mich sind Austausch und Vernetzung die wichtigsten Treiber für hohe Qualität und Innovation in der Bildung, nicht nur im beruflichen Bereich.

Wir danken Ihnen für das Gespräch, Herr Hefendehl.

(Transkribiert und stark zusammengefasst mit dem AI Companion.)


Dieser Podcast steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Caroline Hartmann für Deutscher Bildungsserver


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