Inklusion in der Kita: Wie kann man Kinder individuell beim Lernen unterstützen?

Interview mit Prof. Dr. Claudia Schomaker und Prof. Dr. Katja Mackowiak von der Leibniz-Universität Hannover 

Wie können pädagogische Fachkräfte Kinder in inklusiven Kindertagesstätten gezielt und wirksam beim Lernen unterstützen? In dieser Episode unserer Podcast-Reihe Bildungsforschung für die Bildungspraxis spricht Christine Schumann mit Prof. Dr. Claudia Schomaker und Prof. Dr. Katja Mackowiak von der Leibniz-Universität Hannover über das Forschungsprojekt LEIKadaptiv – Lernunterstützung in inklusiven Kitas adaptiv gestalten.

Im Mittelpunkt steht die adaptive Gestaltung von Lernprozessen in inklusiven Kitas – insbesondere in den Bereichen Sprache, Kognition und Naturwissenschaften. Erfahren Sie, wie wissenschaftliche Erkenntnisse in die pädagogische Praxis übertragen werden können und welche konkreten Strategien Fachkräfte dabei unterstützen, Kinder mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen individuell zu fördern.

Zum Interview mit Claudia Schomaker und Katja Mackowiak

(26:44 min)


Lesefassung

Guten Tag und herzlich willkommen bei Bildung auf die Ohren, dem Podcast des Deutschen Bildungsservers. Mein Name ist Christine Schumann. In unserer Podcast-Reihe Bildungsforschung für die Bildungspraxis geht es heute um ein Projekt aus der inklusiven Bildung, das sich mit einer zentralen Frage beschäftigt „Wie können pädagogische Fachkräfte Kinder in inklusiven Kitas individuell und wirkungsvoll beim Lernen unterstützen?“

Im Projekt LEIKadaptiv, das steht übrigens für Lernunterstützung in inklusiven Kitas, adaptiv gestalten, geht es also um die Fähigkeit von Fachkräften auf die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen, Interessen und Bedürfnisse von Kindern einzugehen. Besonders im Fokus: Die Interaktionen im Alltag in den Bereichen Sprache, Kognition und Naturwissenschaften.

Welche konkreten Ergebnisse aus dem Projekt für die Arbeit in Kitas Gewinn bringen sind, also wie Fachkräfte ganz praktisch darin gestärkt werden können, Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf gezielt zu fördern und was notwendig ist, damit der Transfer von Forschungsergebnissen in die praktische Arbeit auch wirklich gelingt, darüber spreche ich heute mit Claudia Schomaker und Katja Makowiak. Beide sind Professorinnen am Institut für Sonderpädagogik der Leibniz-Universität Hannover.

Hallo Frau Schomaker, hallo Frau Mackowiak. Ich freue mich sehr, dass Sie heute hier zu Gast sind. Am besten, Sie stellen sich unseren Hörerinnen und Hörern gleich selbst vor.

Claudia Schomaker: Ja, hallo. Ich bin Claudia Schomaker. Ich bin Professorin für Sachunterricht und inklusive Didaktik und beschäftige mich in meinen Forschungsschwerpunkten zum einen mit dem Übergang von Kindern aus dem Elementarbereich in den Primarbereich. Wie kann das aus einer sachunterrichtlichen Perspektive gut gelingen, sodass der Anschluss in der Grundschule dann für Lehrkräfte gut gestaltet werden kann und insbesondere mit den Bedingungen und Anforderungen an einen inklusiven Sachunterricht, in dem dann möglichst Kinder mit ganz verschiedenen Lernvoraussetzungen optimal gefördert werden können.

Katja Mackowiak: Mein Name ist Katja Mackowiak. Ich bin Entwicklungspsychologin und mich interessieren natürlich besonders Entwicklungsprozesse von Kindern. Und ich habe einen Fokus gelegt auf sprachliche Entwicklungsprozesse und kognitive Entwicklungsprozesse. Und jetzt in diesem Projekt interessiert mich vor allem: Wie kann man diese Entwicklungsprozesse im Alltag gut unterstützen und Kinder in ihren Entwicklungsprozessen stärken.

Vielleicht mögen Sie unseren Hörerinnen und Hörern noch mal kurz erzählen oder berichten, worum es in Ihrem Forschungsprojekt konkret gegangen ist und welche Ziele Sie mit dem Projekt verfolgt haben.

Claudia Schomaker: Ja, in unserem Forschungsprojekt haben wir insbesondere die Lernunterstützung in der Kita zwischen Fachkräften und Kindern in den Mittelpunkt gestellt. Sie haben es ja schon in der Ankündigung ausgeführt. Es ging uns darum, die individuelle Lernunterstützung bei Kindern mit ganz unterschiedlichen Lernvoraussetzungen zu verbessern, weiterzuentwickeln und haben uns damit in einem ersten Schritt einmal gefragt, was meint eigentlich eine solche Lernunterstützung, die sich an den Vorstellungen, an dem, was Kinder schon können und wissen, orientiert? Wie kann eine Fachkraft darauf gut reagieren? Und haben uns dabei sowohl die Bedingungen zwischen Fachkräften und Kindern angeschaut. Also, was muss eine Fachkraft bei einem Kind aufnehmen, damit eine solche Lernunterstützung gut gelingt? Wie muss sie die Lernvoraussetzungen, die das Kind mitbringt, auf ganz verschiedenen Ebenen in sprachlicher Hinsicht, aber auch, was es für inhaltliche Vorstellungen über Phänomene hat, wie kann es diese gut diagnostizieren, um dann an den Fragen der Kinder auch so anzusetzen, dass die Kinder auch in ihrer Auseinandersetzung mit diesen Phänomenen in ihrer sprachlichen und kognitiven Entwicklung gut weiterentwickelt werden.

Und wir haben aber in der Auseinandersetzung mit verschiedenen Modellen aus der Literatur dann auch gesehen, dass es eigentlich nicht reicht, nur diese Bedingungen zwischen Kindern und Fachkräften genauer anzuschauen, sondern dass auch der Gegenstand, also das, was zwischen Fachkräften und Kindern verhandelt wird, sei es, dass es ein Naturphänomen ist oder dass es eine sprachliche Besonderheit ist, die in der Betrachtung eines Bilderbuchs entstehen kann, dass man auch das nochmal sich anschauen muss. Denn nicht jede Fachkraft hat zum Beispiel eine besondere Beziehung zu einem Naturgegenstand oder hat eine besondere Affinität zu einer sprachlichen Besonderheit, liest zum Beispiel gerne mit Bilderbüchern vor und auch Kinder gehen ganz anders mit diesem Gegenstand um.

Und aus diesen drei Ebenen haben wir ein Modell entwickelt, wie man diese, wir nennen es adaptive Interaktionsgestaltung, weil man sich an den Bedürfnissen und Interessen und Voraussetzungen des Kindes orientiert, möglichst gut gestalten kann. Und das haben wir dann an sowohl sprachlichen und kognitiven, aber auch eben an naturwissenschaftlichen Lernprozessen in der Praxis beobachtet mit den Fachkräften immer wieder anhand von Videodaten, die die Fachkräfte in ihrem Alltag aufgenommen haben, reflektiert, weiterentwickelt und überlegt, was können Fachkräfte da dann auch verbessern, damit genau diese Adaptivität, also diese möglichst gute Passung zwischen dem, was das Kind schon mitbringt und dem, was die Fachkraft sich dann auch als Ziel setzt, was das Kind lernen soll, damit das möglichst gut weiter als Fähigkeit bei den Fachkräften auch ausgebildet werden kann.

Wie sind Sie denn auf die Idee gekommen, dieses Projekt zu machen? Also ausgerechnet in diesem Setting mit diesen Schwerpunkten?

Claudia Schomaker: Uns liegt diese Prozessbegleitung von Fachkräften schon seit mehreren Jahren sehr am Herzen. Wir haben zwei Vorläuferprojekte gehabt, KOAKIK I : Kognitive Aktivierung in inklusiven Kitas und KOAKIK 2, wo es auch um die Interaktionsorientierung von Fachkräften mit Kindern ging. Wir haben dort ein Weiterbildungskonzept entwickelt, in dem wir Fachkräfte genau mit diesen Methoden, mit diesen Techniken und Herangehensweisen vertraut gemacht haben. Und haben dann aber im Verlauf dieser beiden Vorläuferprojekte gemerkt, dass das für Fachkräfte schon eine Herausforderung ist und der Transfer in den Alltag eigentlich für uns noch nicht zufriedenstellend war. Und dann haben wir beschlossen, genau diesen Transfer in den Mittelpunkt zu stellen und konnten erfolgreich dann ein Projekt bei dem Bundesministerium für Bildung und Forschung einwerben, welches uns dann die Ressourcen auch gab, genau diese Interaktionsgestaltung so in den Mittelpunkt zu stellen, dass wir mit den Fachkräften gemeinsam an diesen Fähigkeiten arbeiten konnten.

Frau Mackowiak, ja?

Katja Mackowiak: Genau, ich würde gerne noch ergänzen. Fachkräfte denken manchmal, dass insbesondere so die Unterstützung von Lernprozessen immer so extra passieren muss, entweder in einem ganz anderen Setting oder im Rahmen von Bildungsangeboten. Und unsere Idee ist, dass wir das gerne in den Alltag integriert unterstützen wollen, dass man das eigentlich zu jedem Zeitpunkt, wenn es auch nur kurze, vielleicht nur fünf Minuten Interaktionen sind, dass man das jedes Mal, wenn man sieht, da arbeiten Kinder an einem Thema und da kann ich vielleicht als Fachkraft noch einen Impuls geben, dass das dann auch passiert. Und da haben wir schon immer wieder auch erlebt, dass Fachkräfte Sorge haben, sie dürfen nicht in die Prozesse, in die Lernprozesse der Kinder eingreifen. Sie stören die Kinder in ihren Interaktionen. Und uns geht es nicht darum, dass sie jetzt permanent mitspielen müssen im Freispiel, aber dass sie erkennen, da ist jetzt ein Moment, da kommen Kinder gerade nicht weiter. Und es wäre sinnvoll, jetzt einen Impuls zu geben, um die Kinder in ihren Denkprozessen zu stärken und zu aktivieren, damit diese Spielphasen eben auch sich weiterentwickeln können.

Da würde ich gerne mal nachfragen. Sie sind jetzt die Expertin. Was sind denn so Situationen, so klassische, wenn man das mal runter bricht, auf den Kita-Alltag oder auf die Arbeit mit Kindern? Was wäre das für eine Situation und wie würde dann eine Erzieherin reagieren können? Ja, Frau Schomaker.

Claudia Schomaker: Ich gucke mir das ja gerne dann auch aus einer naturwissenschaftlich-technischen Perspektive an. Und für uns war es dann eine klassische Situation, in der sogenannten Bauecke zu sein, wenn Kinder dann Konstruktionen errichten. Sei es, einen möglichst hohen Turm zu bauen, eine möglichst große, stabile Brücke zu bauen. Und dieser Turm fällt immer wieder um. Die Kinder probieren immer wieder und irgendwann traucht Frust auf, da dann einzutrauchen und zu sagen, schaut doch mal, wie habt ihr diesen Turm überhaupt gebaut, mit den Kindern über die Bautechniken zu reflektieren und dann auch nochmal gezielte Hinweise zu geben, wie kann man die Stabilität eines solchen Turmes denn erhöhen. Dass man dann als Fachkraft Hinweise gibt, die Steine anders zu setzen und ähnliches und so. Ganz elementare Prinzipien, die dann für das technische Lernen im Sachunterricht in der Grundschule später auch wichtig wären, daran anknüpfen zu können, das den Kindern mitzugeben, sodass sie dann in ihrem Bauen können, dann auch weiterkommen.

Ich würde gerne auch noch so ein bisschen bereichsübergreifend Ideen oder Beispiele nennen, zum Beispiel Bilderbuchbetrachtung sind die klassische, prototypische Situation, um sprachliche Prozesse anzuregen und das muss dann dialogisch entstehen. Reines Vorlesen würde die Kinder nicht so anregen, selbst zu sprechen, würde die Sprachwahrnehmung, Rezeption stärken, aber damit über diese Themen mit den Kindern ins Gespräch zu kommen, das wäre dann eine Möglichkeit, sprachlich zu fördern, aber durchaus auch kognitiv, weil in den Büchern ja viele interessante Phänomene zu beobachten sind oder Ereignisse passieren und da jetzt gemeinsam zu überlegen, wie könnte die Geschichte weitergehen oder nach Gründen zu suchen, warum etwas passiert ist. Und das würde eben auch kognitive Prozesse bei den Kindern anregen.

Sie haben eben von Ihren Erfahrungen aus den KOAKIK-Projekten berichtet, wo Sie festgestellt haben, dass die Vermittlung der Ergebnisse an die Fachkräfte ja irgendwie ein bisschen komplizierter ist und aufwendiger und dass Sie deswegen dieses Folgeprojekt LEIKadaptiv begonnen haben oder gemacht haben. Da haben Sie sehr eng mit den Fachkräften zusammengearbeitet. Können Sie vielleicht dazu nochmal was sagen, wie das genau aussah und ob das Erfolg versprechender war?

Katja Mackowiak: Wir haben ja seit vielen Jahren versuchen, wir in Kitas Bildungsprozesse im weitesten Sinne von Kindern zu unterstützen, anzuregen und wir haben das viel und oft über Weiterbildungen, Fortbildungen gemacht, dass die Fachkräfte geschult wurden in bestimmten Themen, jetzt zum Beispiel in der Unterstützung von naturwissenschaftlichen, sprachlichen oder kognitiven Prozessen bei Kindern. Und diese Fortbildung, das ist ja wie so ein Wissensinput, wir haben das zwar sehr praxisorientiert, natürlich auch mit Übungen gemacht, aber wir haben festgestellt, dass das oft nicht in den Alltag implementiert wird, integriert wird.

Und deshalb sind wir auf diese enge Prozessbegleitung gegangen, dass wir in die Kitas gehen und mit den Fachkräften genau anschauen, was machen sie im Alltag, wie gestalten sie Interaktionen. Und da die Tür erstmal zu öffnen, dass wir in diesen Alltag kommen können, da braucht es Beziehungsgestaltung, Vertrauensaufbau und in LeikAdaptiv haben wir das von Anfang an gemacht. Das haben wir so im Laufe der Zeit gemerkt, dass das nicht funktioniert, wenn wir jetzt da als Wissenschaftlerinnen in die Kitas kommen und Fachkräften sagen, was sie zu tun haben. Ich sage es jetzt etwas flapsig, sondern dass wir von Anfang an gemeinsam überlegen, was brauchen die Fachkräfte in den Kitas, um Kinder anzuregen, was können wir ihnen als Wissenschaftlerinnen mitgeben.

Und deshalb haben wir zum Beispiel Gruppendiskussionen mit den Fachkräften gemacht in den Kitas und gefragt, wie versteht ihr Lernunterstützung, was braucht ihr dafür, wie wollt ihr das machen, was ist euch wichtig daran und das haben wir dann auch immer wieder mit in unsere Überlegungen, Ideen, Gestaltung der Modelle, wie Claudia Schomaker gerade gesagt hat, eingepflegt, haben regelmäßige Austauschtreffen gemacht und haben so versucht zum einen theoretisch unsere Ideen weiter zur Entwicklung, aber auch in der Praxis zum Beispiel diese Prozessbegleitung, da haben wir ganz eng auf die Fachkräfte abgestimmt.

Also es gab eine Kita, da wollte eher jede Fachkraft alleine in die Prozessbegleitung. Wir haben es in einer anderen Kita in Dyaden gemacht, da sind immer zwei Fachkräfte, haben Videos von eigenen Interaktionen im Kita-Alltag gemacht. Die haben sie uns dann geschickt, wir haben sie uns angeguckt und haben dann in einer gemeinsamen Sitzung diese Videos reflektiert. Was hat gut funktioniert, was könnte man noch besser machen, was ist der nächste Schritt mit diesem Kind. Das hat eine Weile gedauert, das war immer so eine Ambivalenz zwischen Unsicherheit – wir kommen da jetzt aus der Uni und wollen irgendwie was da ändern. Das löst natürlich auch Ängste aus.

Auf der anderen Seite aber auch mit der Zeit hat man so richtig toll gesehen, wie die Fachkräfte aufgetaut sind, wie sie auch diese Chance der Selbstreflektion nutzen konnten und wie sie auch miteinander ins Gespräch gekommen sind; was sie gemacht haben – also was hat die eine Fachkraft gemacht, was hat die andere gemacht, sie haben sich dann gegenseitig Rückmeldung gegeben. Und das ist auch eigentlich unsere Idee, dass wir uns irgendwann natürlich auch zurückziehen und die Kitas selber diese Reflexionsprozesse weiterführen.

Deutscher Bildungsserver: Inklusion in der Elementarbildung 

Also ich finde das ja total spannend, wie sie das gemacht haben, und ich kann mir vorstellen, dass das ein sehr komplexer und aufwendiger Prozess ist, der einfach auch viel Zeit braucht.

Für mich schließen sich da ein paar Fragen an und zwar das eine, sie hatten ja auch gesagt, sie haben dann Fachberaterinnen ausgebildet, die dann diese von Ihnen angestoßenen Beobachtungen und Interventionen versuchen dann in ihrem Kita-Alltag mit den Kolleginnen zu besprechen. Wie funktioniert das genau?

Und die zweite Frage, die stelle ich aber nochmal, ist wie das Feedback in den Kitas dann tatsächlich aussah von Seiten der Erzieherinnen auf diesen doch ziemlich aufwendigen gemeinsamen Prozess.

Claudia Schomaker: Ja, unsere Idee war von Anfang an eben Strukturen parallel mit aufzubauen, dass die Ideen, die wir über die Weiterbildung aus den Vorläuferprojekten in die Kitas hineingebracht haben, dass die dort auch nachhaltig verankert werden können. Fachberaterinnen sind dann immer so eine Gelenkstelle, weil sie von den Erzieherinnen auch herbeigerufen werden können und Erzieherinnen in ihrem Alltag bei ganz verschiedenen Fragen mit unterstützen. Fachberaterinnen kennen die Strukturen vor Ort sehr, sehr gut, kennen die Strukturen des Trägers, arbeiten mit ganz vielen Einrichtungen dieses Trägers oftmals zusammen, sodass sie eine ganz wichtige Gelenkstelle für uns waren, dass die Gedanken, die wir mit den Erzieherinnen in den Fortbildungen erarbeitet haben, weiterhin im Alltag präsent sind.

Die Fachberaterinnen haben daher in den Vorläuferprojekten an unseren Weiterqualifizierungsmaßnahmen für die pädagogischen Fachkräfte teilgenommen. Sie waren also mit den Inhalten sehr, sehr gut vertraut, und wir haben sie auch in den ersten Prozessbegleitungen, die wir mit den Fachkräften vor Ort durchgeführt haben, mitgenommen. Also sie haben dort mit hospitiert, damit sie gesehen haben, wie wir in den Austausch mit den pädagogischen Fachkräften gehen, was ist uns wichtig, worauf legen wir einen besonderen Fokus, und wie versuchen wir dann auch den Alltag der Fachkräfte zu unterstützen, sodass sie dann unsere Rolle auch mit übernehmen konnten. Und somit dann die Prozesse im Alltag über das Projekt hinaus dann auch weitertragen können.

Und das Projekt selbst auch in andere Einrichtungen weitertragen, die ja noch nicht an unserer Maßnahme teilnehmen konnten, sodass das Ganze dann auch über den Träger hinaus eine Verbreiterung erfährt. Und manche Träger, die mit uns da zusammengearbeitet haben, sind auch so weit gegangen, es dann mit in ihrem Weiterbildungsprogramm als zentralen inhaltlichen Aspekt mit aufzunehmen, sodass es dann bei diesen Trägern auch als ein wichtiger inhaltlicher Baustein verankert ist.

Das ist toll, dass Sie das noch gesagt haben, dass die Fachberaterinnen für eine breitere Streuung dieser Ideen und dieser Konzepte sorgen, weil das wäre auch noch eine wichtige Frage von meiner Seite aus gewesen.

Wie kriegt man sowas in die Fläche, wenn man merkt, als Wissenschaftlerin, wir haben da tatsächlich jetzt ein Konzept entwickelt und gemeinsam mit den Praktikerinnen und es funktioniert sogar. Dann hört das auf, wenn das Projekt zu Ende ist, ist ja bitterlich schade darum, um die ganzen Erkenntnisse. Und Sie haben den Weg gewählt, über die Fachberatungen zu gehen. Wie ist das Feedback denn dazu? Funktioniert das?

Claudia Schomaker: Also das ist ein Strang gewesen, das mit den Fachbereiterinnen zu machen und das ist für sie inhaltlich eine herausforderungsvolle Aufgabe gewesen, die sie aber gerne wahrgenommen haben und auch weiterhin jetzt wahrnehmen. Also sie bekommen auch von uns weiterhin noch Unterstützung. Sie können immer wieder auch Multiplikatoren treffen, in der Universität dann auch nochmal weitere Fragen mit uns gemeinsam vertiefen, sodass dieses Netzwerk an Multiplikatoren dann auch weiterhin bestehen bleibt.

Und parallel haben wir aber versucht, über diese Träger, die beteiligt waren, hinaus mit der Volkshochschule in Hannover in Kontakt zu kommen, die dann ja auch bundeslandweit agieren können, um daraus ein Fortbildungsprogramm an der VHS für Erzieherinnen und Erzieher aufzulegen. Das wird dann jetzt auch anlaufen, sodass dann auch Erzieherinnen und Erzieher von anderen Trägern auf diese Fortbildungsmodule zugreifen können.

Ein weiterer Strang, mit dem wir versuchen, das Konzept zu implementieren, sind Gespräche mit Fachschulen, sodass also schon bereits in der Ausbildung von pädagogischen Fachkräften diese Inhalte verankert werden können. Auch da laufen jetzt schon erste Austauschgespräche, an welcher Stelle und wie das in das Curriculum der Fachschulen dann auch eingebettet werden könnte. Das sind recht vielfältige Maßnahmen oder Wege, um die Erfahrungen in die Kita-Praxis zu bringen.

Jetzt zu meiner Frage, die ich vorher schon angedeutet hatte. Wie sieht denn das Feedback aus den Kitas direkt aus, also auf den gemeinsamen Prozess? Wie haben die darauf reagiert, die Erzieherinnen und Erzieher?

Katja Macowiak: Ich kann ein einerseits und andererseits sagen. Einerseits, Sie haben das schon angedeutet, Lernunterstützung ist ein anspruchsvolles Geschäft und das haben die Fachkräfte auch so erlebt. Das war auch für die Fachkräfte kognitiv sehr herausfordernd, das umzusetzen. Und das sieht man auch, wenn man sich Studien und Literatur anschaut. Fachkräfte sind in der Regel toll in der Beziehungsgestaltung, in der emotionalen Unterstützung von Kindern, also da zu sein als Bezugsperson, als wichtige Bezugsperson. Und sie organisieren natürlich auch viel den Kita-Alltag und das ist auch herausfordernd in diesen Gruppen. Sich wirklich in Kleingruppen mit Kindern zu beschäftigen und lernunterstützende Prozesse anzuregen, ist im Kita-Alltag eine Herausforderung. Und das haben die Fachkräfte auch uns zurückgemeldet. Sie haben die Prozessbegleitung als totale Chance beschrieben. Das fand ich wirklich schön zu beobachten, dass sie sich gefreut haben, Zeit zu haben, ihre eigene professionelle Praxis anzuschauen. Und das ist, fand ich, ein sehr positives Feedback, das uns auch immer wieder bestärkt hat, weiterzumachen.

Das Andererseits ist die Rahmenbedingungen in den Kitas. Davon haben wir halt auch sehr viel immer wieder in den Jahren mitbekommen. Es fängt an mit Personalmangel, Personalfluktuation, geringen Ausbildungshintergründen, die eben eine solche Arbeit erschweren und dadurch bedingt auch wenig Zeit bleibt, sodass es manchmal der Eindruck bei den Fachkräften entsteht, ich schaffe das nicht, jetzt noch mich um diese Fragen zu kümmern. Und das ging so weit, dass wir manchmal auch unsere Prozessbegleitungen nicht machen konnten, weil die Fachkräfte den Eindruck hatten, ich schaffe das jetzt nicht, noch ein Video zu drehen und ihr kommt dann und ich muss es mir vorher auch noch mal anschauen. Also wirklich schwierige Rahmenbedingungen, die diese Umsetzung insgesamt auch schwer machen. Ich meine, die Bildungskrise, da müssen wir ja sowohl in Schule als auch Kita uns fragen, wie gelingt das eigentlich noch, Fachkräfte in ganz vielen Themen zu professionalisieren oder zu unterstützen.

Ich finde, eine Hürde ist auch noch, das haben wir gesehen, als wir von KOAKIK in das LEIKadativ-Projekt gegangen sind. Wir wollten Kitas aus den KOAKIK-Projekten gewinnen für das LEIK-Projekt. Wir haben in LEIK nur noch ganz wenige Kitas motivieren können. Ein wesentlicher Grund dafür war, dass sie gesagt haben, wir müssen uns jetzt um andere Themen kümmern. Wir müssen uns jetzt um das Thema Partizipation kümmern, wir müssen uns jetzt um das Thema Kinderschutz kümmern. Und das ist, finde ich, auch eine Schwierigkeit, dass immer wieder neue Themen auf die Kitas zukommen, die wichtig sind, gar keine Frage, aber sie können dann ganz schwer an einem Thema langfristig arbeiten. Und unsere Erfahrung jetzt in den vielen Jahren ist, es braucht einfach Zeit, um das umzusetzen.

Das ist eine sehr elegante Überleitung zu meiner allerletzten Frage. Welches Fazit können Sie denn aus Ihrer Projektarbeit ziehen, und was würden Sie sich künftig als Wissenschaftlerin wünschen für einen besseren Transfer oder eine bessere Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis?

Claudia Schomaker: Ja, wir ziehen, glaube ich, wirklich ein geteiltes Fazit. Zum einen nehmen wir wahr, dass pädagogische Fachkräfte die Relevanz des Themas, was wir hineingebracht haben, sehen, aber zwischen der Vielzahl an Themen, die Frau Mackowiak ja auch schon gerade benannt hat, es für sie wirklich eine Herausforderung darstellt; wie priorisiere ich das und wie kann ich mich in diesen Themen dann auch professionell weiterentwickeln.

Denn was in der Prozessbegleitung, im Gespräch mit den Fachkräften immer wieder deutlich geworden ist, dass eine solche Interaktionsgestaltung mit Kindern, die sowohl die Ziele in Bezug auf den Gegenstand, also eine kognitive Weiterentwicklung, das Wissen darüber, was hinter einem Phänomen steckt, dass das Voraussetzungen bei den Fachkräften bedarf, über die sie nicht immer schon verfügen.

Also wenn ich mit Kindern eine stabile Brücke bauen möchte, dann ist es notwendig zu wissen, dass ich bestimmte Merkmale von Stabilität kenne und dass ich auch bestimmte Prinzipien weiß, die ich Kindern nahe bringen kann, wie ich die Stabilität einer solchen Brücke gut erhöhen kann. Eine Variante ist das stabile Dreieck, also Gegenstände so anzurichten, dass sie in einem Dreieck sind, sodass sich die Kräfte dann gleichmäßig verteilen. Wenn ich dieses Wissen aber nicht habe oder wir hatten das Phänomen Licht und Schatten, wenn ich diese Phänomene auch dahingehend gar nicht in der Interaktion mit Kindern erkenne, dass da jetzt plötzlich ein Kind einen farbigen Schatten hergestellt hat, dass sie sich dann sagen, so das weiß ich gerade selber gar nicht. Ich kenne das Phänomen gar nicht gut genug, um das Kind jetzt in der Auseinandersetzung mit diesem Phänomen gut weiter unterstützen zu können.

Wir haben dann mit den Fachkräften überlegt, wie man genau damit umgehen kann. Dieses Wissen sich dann auch drauf zu schaffen, in welcher Reichweite es auch sein muss, weil es ja unheimlich viele Themen sind, die auch in einer solchen Interaktion im Alltag dann entstehen können. Und das ist durchaus ein Problem, den Fachkräfte auch nicht allein in ihrem Alltag lösen können. Wir haben das dann immer wieder im Projektzusammenhang auch diskutiert, dass wir gesagt haben, da brauchen wir auch nochmal eine andere Ebene auf einer politischen Ebene, dass genau solche Ausbildungsinhalte auch viel stärker verbindlich in der Ausbildung von pädagogischen Fachkräften verankert werden. Dass die Relevanz dort gesehen wird, wenn man diese Ziele im Elementarbereich erreichen möchte. Wenn man sagt, Kinder können das bereits und wir wissen aus unseren Forschungen, dass Kinder fähig sind, sich diese Inhalte zu erarbeiten, aber wir brauchen dann auch das Personal, was diese Prozesse unterstützen kann. Und das ist letztlich dann auch eine bildungspolitische Entscheidung zu sagen, welchen Stellenwert messen wir dem bei. Wie wollen wir auch, dass pädagogische Fachkräfte in Zukunft ausgebildet werden, damit sie genau diesen Zielen auch gerecht werden können.

Auf der anderen Seite haben wir aber auch ganz klar gesehen und das hatte Frau Mackowiak auch gerade angesprochen, dass der Transfer solcher Prozesse in die Praxis und ich glaube, das ist egal um welches Thema es geht, sehr mit den Herausforderungen, denen die aktuelle Praxis unterlegen ist, zu kämpfen hat. Wir haben Voraussetzungen auf der Seite des Personals, dass sie immer ad hoc Lücken dann in der Personaldecke auch schließen müssen, dass es darum geht, so eine basale Versorgung auch sicherstellen zu können; oftmals treten dann Inhalte, die nicht so unmittelbar brennend sind, erst einmal in den Hintergrund. So dass wir dann gesagt haben, auch auf der Ebene der Einrichtung sind die Haltungen, die Einstellungen durchaus bei den pädagogischen Fachkräften da, das können zu wollen, die Notwendigkeit zu sehen. Aber jetzt bräuchte man auch die Hilfe von der Bildungspolitik, genau diese Annahmen dann gut unterstützen zu können, damit dann auch die entsprechenden Rahmenbedingungen vorhanden sind.

Dann danke ich Ihnen beiden ganz ganz herzlich für diese wirklich interessanten Einblicke, auch in den Kita-Alltag und in die Projektarbeit, mit was für Hürden man sich da auseinandersetzen muss. Ich glaube, das ist auch bestimmt unseren Hörerinnen und Hörern jetzt ein bisschen klarer geworden, was wissenschaftliche Arbeit bedeutet, wenn man sie mit den Expertinnen aus der Praxis zusammen angehen möchte. Ganz herzlichen Dank Ihnen beiden für dieses Gespräch.

Sehr gerne, vielen Dank.

(Transcribed by Voice AI. Wir haben das Interview für eine bessere Lesbarkeit geglättet.)


Dieser Podcast steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Christine Schumann für Deutscher Bildungsserver



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