Immer wieder neue Impulse für gute Schulen und guten Unterricht beim Campus des Deutschen Schulpreises
40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bei der Robert Bosch Stiftung für den Förderbereich Bildung zuständig. Sie richten unter anderem den Deutschen Schulpreis aus, führen eigene Schul- und Unterrichtsentwicklungsprogramm durch, betreiben das Deutsche Schulportal und seit Oktober 2021 auch den Campus des Deutschen Schulpreises. Mit ihrer Arbeit wollen sie Schulen in Zeiten des Wandels und der Digitalisierung dabei unterstützen, künftigen Anforderungen gerecht zu werden, damit alle Schülerinnen und Schüler gut lernen und gesellschaftlich teilhaben können.
FRAGEN AN Andrea Preußker von der Robert Bosch Stiftung, die sich darüber freut, dass auf dem Campus bekannte und erfolgreiche Veranstaltungsformate wie die „Campus Impulse“ und die „Digitalen Lernforen“ neu aufgelegt wurden. Auch an einer neuen Idee wird bereits gearbeitet – Seminarreihen zu ausgewählten Themen, in denen Teams aus Lehrkräften einer Schule gemeinsam über einen längeren Zeitraum hinweg an einem Thema arbeiten.
Frau Preußker, Deutsches Schulportal, Deutsche Schulakademie und Deutscher Schulpreis und Campus des Deutschen Schulpreises – wie hängt das alles zusammen?
Als der Schulpreis 2006 ins Leben gerufen wurde, dominierte noch die Berichterstattung über den Pisa-Schock – negative Schlagzeilen überall. Aber auch damals gab es natürlich schon gute Schulen, und die wollte die Robert Bosch Stiftung sichtbar machen. Gemeinsam mit der Heidehof Stiftung entstand die Idee für den Deutschen Schulpreis, mit dem wir guter Schulpraxis eine Bühne bieten. Aus dem Wettbewerb, den wir in Kooperation mit der ARD und der ZEIT-Verlagsgruppe ausrichten, ist eine große Bewegung von Schulpraktikern, Bildungswissenschaftlern und exzellenten Schulen entstanden, die die Schulentwicklung in Deutschland vorantreiben will. Das freut uns sehr, da wir von Beginn an nicht nur gute Schulen auszeichnen, sondern auch Möglichkeiten schaffen wollten, dass Schulen von den Preisträgern lernen können.
„Damit es an Schulen wirklich zu Veränderungen kommt, brauchen Lehrkräfte immer neue Impulse.“
In der Deutschen Schulakademie, die inzwischen wieder im Bildungsbereich der Robert Bosch Stiftung aufgegangen ist, hat die Stiftung Angebote für Schulen und Lehrkräfte zur Schul- und Unterrichtsentwicklung konzipiert, die auf den Konzepten der Preisträgerschulen und den Qualitätsbereichen des Deutschen Schulpreises basieren: Zum Beispiel mehrjährige pädagogische Werkstätten, in denen Schulen zusammenkommen, um ganz intensiv an einem Thema zu arbeiten, oder auch das Hospitationsprogramm an den Preisträgerschulen und die Innovationslabore – ursprünglich fast ausschließlich Präsenzveranstaltungen. In der Corona-Krise haben wir dann – wie alle anderen auch – gelernt, dass wir umdenken und unsere Angebote vom Analogen ins Digitale übertragen müssen. Daraus haben sich ganz neue Chancen ergeben.
Für den Campus des Deutschen Schulpreis werden analoge Angebote der Deutschen Schulakademie ins Digitale übertragen.
So entstand im Frühjahr 2021 die Idee, bisherige Formate weiterzuentwickeln, zu ergänzen und auf dem neuen Campus des Deutschen Schulpreises anzubieten. Dort finden Lehrkräfte, Studierende und Fachleute aus der Schulverwaltung heute viele interessante Angebote unabhängig vom Entwicklungsstand der einzelnen Schulen und auch unabhängig von einer Bewerbung um den Deutschen Schulpreis.
Der Campus des Deutschen Schulpreis ist jetzt seit Oktober online. Wie ist die Resonanz?
Ziemlich groß! Mittlerweile sind bereits über 1.500 Lehrerinnen und Lehrer auf dem Campus registriert. In den Workshops unseres ersten Zukunftscamps haben sich mehr als 350 Lehrkräfte mit dem Thema „Unterricht besser machen“ beschäftigt. Eine wirklich tolle Beteiligung! Und das nächste Zukunftscamp steht auch schon kurz bevor – am 18./19. Mai mit Impulsen und Workshops zum Thema „Die Rolle von Lehrkräften in neuen Lernsettings“.
„Beim Campus des Deutschen Schulpreis gibt es niederschwellige Angebote zur Schul- und Unterrichtsentwicklung für alle Schulen.“
Wie steht es denn grundsätzlich um die Veränderungsbereitschaft von Schulen und Lehrkräften?
Gerade in den letzten zwei Jahren sehen wir, dass viele Schulen sich pandemiebedingt weiterentwickelt haben, neue Wege gegangen sind und das trotz eines hohen Belastungserlebens gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. Wie nachhaltig diese Veränderungen sind, wird sich noch zeigen. Klar ist aber auch, das zeigen beispielsweise das Deutsche Schulbarometer und die S-Clever-Studie, es gibt keine „Kluft“ zwischen einerseits innovativen, veränderungsbereiten und andererseits starren Schulen. Vielmehr haben wir es mit sehr unterschiedlichen Ausgangslangen und mit unterschiedlichen Schultypen zu tun. Wir erleben Preisträger, die sich aus der Not heraus offen auf einen Weg der Schulentwicklung gemacht haben, weil sie kurz vor der Schließung standen oder vor der Herausforderung, von einer Schulform in eine andere zu wechseln – ehemalige Hauptschulen zu Gemeinschaftsschulen oder Gesamtschulen beispielsweise. Bei anderen waren es ganz andere inhaltliche Motive, etwa, weil Schulen die Qualität des Unterrichts verbessern möchten, eine andere Rhythmisierung einführen oder den Ganztag ausbauen wollen. Was uns sehr freut: Es interessieren sich wirklich viele Lehrerinnen und Lehrer für Fragen der Schul- und Unterrichtsentwicklung. Rund um die Verleihung des Deutschen Schulpreises beispielsweise tummeln sich rund eine halbe Million Menschen auf dem Deutschen Schulportal, um mehr über die ausgezeichneten Schulen und ihre Konzepte zu erfahren.
Da hat die Corona-Pandemie sicherlich viel ausgelöst?
Als wir Anfang 2020 den Deutschen Schulpreis Spezial 2020|21 ausgeschrieben und Schulen aufgerufen haben, Konzepte einzureichen, die sie im Umgang mit der Krise entwickeln haben, gingen bei uns 366 Bewerbungen ein – aus ganz Deutschland, inklusive der Deutschen Auslandsschulen, und über alle Schularten verteilt! Eine unglaublich große Zahl also, die nicht nur den Mut und den Veränderungswillen in Schulen zeigt, sondern auch unterstreicht, wie die Lehrerinnen und Lehrer diese Krise genutzt haben, um Strukturen und Prozesse zu hinterfragen und ihren Unterricht in der Schule ganz neu zu denken. Das war wirklich herausragend! Natürlich gab es plötzlich auch Freiheiten, die normalerweise geltenden Verordnungen waren ja aufgrund der pandemischen Situation zum Teil ausgesetzt. Und die haben die Schulen dazu genutzt, individueller auf ihre Schülerinnen und Schüler einzugehen. Nicht zuletzt aufgrund dieser Erfahrungen plädieren wir dafür, den Schulen dauerhaft mehr Autonomie zu geben. Und wie groß die Motivation und der Wille sind voneinander zu profitieren und miteinander zu lernen, haben wir auch im Zukunftscamp des Deutschen Schulpreis 2020|21 erlebt, bei dem über 500 Lehrkräfte digital mehrere Tage zusammen gearbeitet haben.
„Wir wussten schon lange, dass wir was tun müssen. Und jetzt müssen wir!“
(Aussage einer Schulleiterin)
Jetzt, nach zwei Jahren, ist die Pandemie natürlich immer noch eine gewaltige Anstrengung für die Schulen. Wenn wir es schaffen, die in den letzten zwei Jahren entwickelten Konzepte ins Schulsystem zu integrieren, bin ich sicher, dass noch viel mehr Schulen die Bereitschaft und auch die Fähigkeit haben, sich weiter zu entwickeln und sich das Bildungssystem auch durch ihre Impulse weiterentwickeln wird.
Der Deutsche Schulpreis – Unterricht besser machen
Noch bis zum 31. März 2022 können sich allgemeinbildende und berufliche Schulen in öffentlicher oder privater Trägerschaft in Deutschland und auch Deutsche Auslandsschulen für den Deutschen Schulpreis 2022 bewerben.
Und wie unterstützt die Robert Bosch Stiftung mit dem Campus des Deutschen Schulpreis diese Veränderungsprozesse?
Neben den mehrtägigen „Zukunftscamps“ bieten wir Lehrkräften die „Campus Impulse“ zu ausgewählten Themen an; aktuell zu den Fragen, wie man konstruktiv mit Demokratiefeindlichkeit umgehen oder welchen Beitrag der Global-Citizenship-Education-Ansatz zur Schulentwicklung beitragen kann. Außerdem haben wir Angebote der Regionalbüros des Deutschen Schulpreises ins Digitale übersetzt und die Online-Reihe „Auf einen Kaffee mit…“ entwickelt. Hier können sich Teilnehmende eineinhalb Stunden lang mit einer Schulleiterin oder einer Lehrkraft aus einer Preisträgerschule direkt austauschen. Das „Digitale Lernforum“ wiederum ist ein Format mit wissenschaftlichem Input und schulpraktischer Anschauung, bei dem sich die Teilnehmenden über mehrere Termine mit einem Thema beschäftigen. Im April beginnt zum Beispiel das dreiteilige Lernforum zum Thema „Lernen und Leistungsbeurteilung zukunftsorientiert denken“, bei dem es um Lernbegleitung und Lerncoachings, personalisierte Aufgabenangebote, kollaborativ erbrachte Arbeiten, dialogische Diagnostik und Prüfungsalternativen – digital und in Präsenz – gehen wird. Die Themen und Formate sind also recht unterschiedlich, und wir hoffen, damit vielen Lehrkräften gute Impulse für ihre Schule und ihren Unterricht zu geben.
Mit unterschiedlichen Themen und Veranstaltungsangeboten Lehrkräften gute Impulse für Schule und Unterricht geben.
Und gerade erarbeiten wir mehrteilige Workshop-Reihen, in denen Schulen gemeinsam über einen längeren Zeitraum hinweg vertieft an einem Thema arbeiten. Starten wollen wir im März mit der Reihe „Leinen los für unsere Schulentwicklungsreise“. Am Ende dieser Reihe werden die Teilnehmenden bereit sein, mit Energie und Offenheit ihre Schul- und Unterrichtsentwicklungsreise zu starten.
Was ist ihr größter Wunsch für die Schule der Zukunft?
Dass gute Bildung kein Zufall mehr ist! Dass sie nicht abhängig ist vom Elternhaus oder von dem Ort, an dem Menschen leben. Ich wünsche mir, dass wirklich alle Kinder und Jugendlichen die gleichen Chancen auf gute Bildung haben. Und weil eine gute Schule alle Kinder annehmen und in ihrer Individualität unterstützen muss, gehören für mich zum erfolgreichen Lernen nicht nur das fachliche Wissen, sondern auch das personale, das methodische und das soziale Lernen. Schließlich soll jedes Kind und jede*r Jugendliche dazu befähigt werden, sich in dieser komplexen und auch unsicheren Welt zurechtzufinden und sie auch aktiv mitzugestalten. Es geht letztendlich also um Bildungsgerechtigkeit, um die Chance, individuelle Fähigkeiten erkennen und entwickeln zu können und um aktive Teilhabe an der Gestaltung unserer Gesellschaft.
Vielen Dank für das Gespräch Frau Preußker!
Dieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Christine Schumann für Deutscher Bildungsserver