Interview mit Maren Gebhardt, Dr. Irina Brich und Dr. Gabriele Irle vom Leibniz-Institut für Wissensmedien
Der Zukunftsraum ist ein digitales Angebot für Lehrkräfte und Bildungsakteurinnen und – akteure. Er ermöglicht einen Blick in die Zukunft von Schule in der digitalen Welt und bietet Nutzerinnen aus Praxis und Wissenschaft vielfältige Möglichkeiten zum aktiven Mitgestalten.
Im Interview mit Michaela Achenbach geben die drei Redakteurinnen spannende Einblicke in das Format, das Teil des Kompetenzverbunds lernen:digital ist. Sie erläutern wie Nutzer den Zukunftsraum mit eigenen Beiträgen bereichern können und zeigen anhand des Themas „Future Skills“ die Bandbreite der Inhalte auf.
Zum Interview mit Maren Gebhardt, Dr. Irina Brich und Dr. Gabriele Irle
(15:21min)
Lesefassung
Michaela Achenbach: Hallo und herzlich willkommen bei Bildung auf die Ohren – dem Podcast des Deutschen Bildungsservers. Heute wollen wir uns hier im Podcast mit dem Thema „Zukunft der Schule“ beschäftigen. Vor welchen Herausforderungen stehen Lehrkräfte in den kommenden Jahren? Wie wird der Unterricht von morgen oder übermorgen aussehen und was braucht es dazu? Wie kommen Wissenschaft und Praxis besser in den Austausch?
Ich bin Michaela Achenbach und zu diesen Fragen begrüße sehr herzlich die drei Redakteurinnen des „Zukunftsraums“ vom Kompetenzverbund lernen:digital hier bei uns im Podcast. Herzlich willkommen – Irina Brich, Maren Gebhardt und Gabriele Irle vom Leibniz-Institut für Wissensmedien in Tübingen.
Gabriele Irle: Hallo.
Maren Gebhardt: Danke für die Einladung!

Irina Brich: Schön, dass wir hier sein können.
Könnt ihr euch kurz selbst vorstellen und für unsere Zuhörinnen und Zuhörer kurz beschreiben, was der Zukunftsraum ist und was ihr beim Zukunftsraum so tut?
Irina Brich: Ja, gerne! Mein Name ist Irina Brich. Maren, Gabriele und ich sind zusammen das Redaktionsteam des Zukunftsraums. Der Zukunftsraum ist eine Website, die sich an Lehrkräfte richtet und ihnen einen Blick in die Zukunft von Schule in der digitalen Welt ermöglicht. Sie finden den Zukunftsraum auf der lernen.digital – Webseite unter lernen.digital-slash-zukunftsraum. Als Redaktionsteam machen wir uns auf die Suche nach Praktiker:innen und Forschenden mit spannenden und passenden Themen und fragen sie, ob sie einen Inhalt für den Zukunftsraum erstellen möchten. Das kann ein Text sein, ein Interview, ein Video, wie haben hier viele verschiedene Formate. Wenn sie zusagen, begleiten wir die Autor:innen bei der Produktion der Inhalte für den Zukunftsraum. Neben den Formaten organisieren wir außerdem Online-Events, die sogenannten Community Calls.
Maren Gebhardt: Und Ich bin Maren Gebhardt. Der Zukunftsraum ist im Bereich Wissenschaftskommunikation im Kompetenzverbund lernen:digital 2023 im damaligen Bildungsministerium für Bildung und Forschung (BMBF) entstanden und gefördert von der EU. Im Kompetenzverbund geht es darum, evidenzbasiert Fortbildungen für Lehrkräfte zu entwickeln, um Lehrkräfte für eine Kultur der Digitalität vorzubereiten.
Gabriele Irle: Ich bin Gabriele Irle. Der Claim des Kompetenzverbund lernen:digital heißt „Wissenschaft und Praxis im Dialog“. Wir als Redaktionsteam möchten Wissenschaft und Praxis im Zukunftsraum in Dialog bringen. Wenn wir Autor:innen bei der Erstellung der Inhalte begleiten, wie Irina es eben beschrieben hat, nehmen wir nämlich die Mittlerrolle zwischen Praxis und Wissenschaft ein, damit der Dialog eben klappt. Wir helfen den Autor:innen, eine gute Sprache und Form für die Zielgruppe der Lehrkräfte zu finden. Also zum Beispiel: Praxisnah statt abstrakt; kurz statt ausschweifend; schulisches statt wissenschaftliches Wording.
Bei den Online-Veranstaltungen, den Community Calls, sind immer Speaker:innen aus Schulpraxis und Wissenschaft dabei sind. Auch das Publikum ist dabei natürlich gemischt aus Bildungsadministration, Lehrkräften und Forschenden.
Durch die Digitalisierung verändert sich Schule, verändert sich der Unterricht. Vor welchen Herausforderungen stehen die Lehrkräfte an den Schulen? Warum sollten sich Lehrkräfte mit Zukunftsthemen beschäftigen?
Maren Gebhardt: Wir befinden uns in einer gesellschaftlichen Umbruchsituation, angetrieben auch durch die Digitalisierung. Lehrkräfte bekommen sie im Alltag zu spüren: Schüler:innen nutzen KI selbstverständlich und machen zum Beispiel das Thema Hausaufgaben oder Prüfungsformate in der bisherigen Form obsolet.
Das heißt, Lehrkräfte geraten unter Druck: Auf der einen Seite haben wir die rasante Dynamik der technischen Entwicklungen und auf der anderen Seite steht ein Schulsystem, dessen Veränderungsprozesse sehr träge sind.
Lehrkräfte stehen also vor der Aufgabe, als Rädchen dazwischen zu agieren, d.h. die technischen Entwicklungen oder ihre Auswirkungen zu monitoren und in ihren Unterricht einzubauen, sie sind angehalten mutig Entscheidungen zu treffen, um auf der Höhe der Zeit zu sein und womöglich administrativen Entscheidungen vorzugreifen.
Was bedeutet Zukunft für euch?
Gabriele Irle: Als wir den Zukunftsraum konzipiert haben, haben wir uns das natürlich auch gefragt. Zwei Eigenschaften von Zukunft sind uns wichtig: Sie ist offen und sie ist gestaltbar.
Dass Zukunft offen ist, kann herausfordernd sein: Es ist – wenn schon Druck auf den Lehrkräften lastet – nicht einfach, die Ungewissheit zu ertragen, die gerade technologische Entwicklungen mit sich bringen. Es ist herausfordernd, sich mit dem ungewissen Übermorgen zu beschäftigen, wenn das Morgen (die nächste Unterrichtsstunde/das nächste Elterngespräch) schon fordernd genug ist.
Daher ist es für uns so wichtig, zu ermutigen: Zukunft ist gestaltbar! Wir möchten mit unseren Inhalten ermutigen und inspirieren: Ihr als Lehrkräfte könnt heute schon in eurem Tätigkeitsfeld Zukunft mitgestalten. Ihr könnt Themen im Kollegium zur Sprache bringen, wichtige Entscheidungen treffen, gute, vielleicht auch kritische, Fragen stellen, ab und zu etwas Neues ausprobieren – und dadurch heute schon die Zukunft mitgestalten.
Welche Formate habt ihr im Zukunftsraum geschaffen, um diese Gestaltbarkeit zu verdeutlichen?
Irina Brich: Zunächst muss man sich so einer ungewissen Zukunft erstmal nähern. Dazu muss man auch immer Vorstellungskraft entwickeln. Uns ist es wichtig, die Zukunft greifbar zu machen, deshalb stehen für uns die Menschen im Vordergrund. Mit unseren Beiträgen und Formaten tragen wir dazu bei, dass man sich mögliche Zukünfte besser vorstellen kann. Dazu lassen wir beispielsweise in unseren schriftlichen und Audio Interviews Vordenker:innen aus der Schule und aus der Forschung zu Wort kommen, die schon Zukunftsvorstellungen entwickelt haben und auch schon ausprobiert haben, wie ihre Ideen funktionieren können. Dann können sie diese Best-Practice Beispiele in Videos oder multimedialen Text-Bild Beiträgen bei uns zeigen.
Mitgestalten kann man auch in unserem Format „Fragen an die digitale Zukunft von Schule“. Das Schöne an diesem Format ist, es ist auch interaktiv. Wir gehen hier direkt auf die Fragen ein, die von unserer Community kommen. Indem wir Fragen stellen, gestalten wir auch schon die Zukunft. Dadurch können Lehrkräfte eigene Vorstellungen entwickeln und dann vielleicht auch mutiger Entscheidungen treffen.
In unseren schon genannten Online-Events, den Community Calls, findet dann direkter Live-Austausch statt. Dabei kann auch unser Publikum im Chat direkt mitwirken. Wichtig ist uns dabei immer, dass Praxis und Wissenschaft sich hier auf Augenhöhe austauschen können.
Welche Themen behandelt ihr im Zukunftsraum?
Gabriele Irle: Wir haben uns zu Beginn drei große Themenbereiche ausgewählt, in die wir die Beiträge zuordnen: Lernen motivierend gestalten, Schule & Fächer weiterentwickeln, Wachsender Heterogenität begegnen.
Der schulische Kontext spannt also den Rahmen und in den Inhalten selbst geht es dann natürlich um Zukunftstechnologien, also Technologien, die jetzt schon existieren, aber deren volles Potenzial sich im Schulsystem erst noch entfaltet: VR/AR, Robotik, Künstliche Intelligenz, Adaptive Systeme.
Kompetenzverbund lernen:digital
Vorhin habt ihr erwähnt, dass das Fragen-Format von euch interaktiv ist. Wie genau kann man dabei mitmachen?
Maren Gebhardt: Das Fragenformat im Zukunftsraum ist eine Einladung, mit einem kleinen Beitrag, nämlich einer Frage zur Zukunft der digitalen Bildung, Zukunft selbst zu gestalten. Diese Frage können Sie online stellen: Auf der Webseite lernen.digital/zukunftsraum scrollen Sie nach unten bis zum großen Fragezeichen, dort auf „Frage einreichen“ drücken und dann kommt man auf das Formular, in das Sie Ihre Frage platzieren können und auch noch erläutern können.
Mit dem Absenden landet Ihre Frage bei uns als Redaktionsteam. Wir überlegen uns, wer eine passende Expertin oder ein Experte sein kann: Aus der Praxis, aus der Wissenschaft, aus einer Institution. Redaktionsprozess von 2-4 Monaten, Benachrichtigung, wenn online
Wir befinden uns ja in einer Welt des schnellen Wandels: Schule verändert sich, die Arbeitswelt verändert sich – keiner weiß genau, wohin das führen wird. Wegen dieser Unsicherheiten, die die Zukunft angeht, ist es wichtig, die eigenen Kompetenzen zu schärfen.
Was wird von euch im Zukunftsraum denn zum Thema „Future Skills“ angeboten?
Gabriele Irle: Vielleicht steht es nicht immer direkt im Titel, aber man trifft in fast allen unserer Inhalte auf Future Skills. Wir greifen nun einmal ein paar Inhalte heraus und stellen sie kurz vor.
Für alle, die erstmal einen kurzen Überblick haben möchten zum Thema Future Skills, haben wir eine Frage, die uns von Annika Lübben vom Stifterverband beantwortet wurde. Hier wird erklärt, was die Future Skills sind, und auch woher dieses Konzept eigentlich kommt.
Die „Frage: Spart KI Zeit beim Lernen?“ wurde von einer Schülerin eingereicht und Professor Sebastian Becker-Genschow hat sie beantwortet. Er stellt heraus, dass Selbstreguliertes Lernen eine wichtige Zukunftskompetenz ist, Kontrolle über eigenen Lernprozess behalten, gerade im Miteinander mit Künstlicher Intelligenz)
Irina Brich: Digitaler Wandel erfordert beispielsweise auch ein neues Rollenverständnis von Lehrkräften: Vom Wissensvermittler werden sie zum Lernbegleiter. Und das geht natürlich auch mit einer Veränderung des nötigen Skillsets einher. Dazu haben wir eine Frage veröffentlicht, die uns Dr. Anne Martin vom Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung in Halle beantwortet hat. In dieser Frage werden als zukünftige Kompetenzen von Lehrkräften vor allem digitale Kompetenzen genannt: also technische Fähigkeiten, Datenschutz, Informations- und Kommunikationskompetenz und kritisches Denken, genannt.
Maren Gebhardt: Ein anderer Beitrag geht explizit auf Kompetenzen ein, die Schüler:innen zukünftig in einer unbeständigen Welt brauchen. Prof. Annekatrin Bock und Julia Schneider-Kehrhahn erläutern das Konzept von Lernbüros. Gegenwärtig liege der Fokus in Schulen eher auf der Vermittlung von Faktenwissen. Das Konzept der Lernbüros trägt dazu bei, dass Schüler:innen eigenständig, problemlösungsorientiert und flexibel in Lern- und Berufssettings agieren können. In diesem Beitrag kommen auch ein Schulleiter, Schüler:innen und Eltern zu Wort, die bestätigen, dass das Konzept aufgeht.
Dann lasst uns am Ende dieses Podcast in die Zukunft schauen: Was plant ihr mit dem Zukunftsraum? Worauf können sich die Lehrkräfte freuen?
Irina Brich: Wenn wir jetzt in die unmittelbare Zukunft blicken: Wir haben vor, einen weiteren Blickwinkel auf die digitale Zukunft von Schule zu eröffnen und uns dem Thema „Entlastung“ zu widmen.
Maren Gebhardt: Sie sind herzlich eingeladen, Ihre Frage zu formulieren und sie im Zukunftsraum einzureichen. Wir machen uns dann auf die Suche nach passenden Expert:innen, die eine Antwort geben können.
Gabriele Irle: Im Frühjahr planen wir außerdem noch Community Calls. Wenn Sie das nicht verpassen möchten, melden Sie sich am besten beim lernen:digital Newsletter an.
Michaela Achenbach: Ich bedanke mich sehr herzlich bei euch für die Einblicke in den Zukunftsraum. Liebe Hörerinnen und Hörer des Podcast „Bildung auf die Ohren“ – vielen Dank für Ihre Zeit und Ihr Interesse. Bis zu einer nächsten Folge bei Bildung auf die Ohren!
Dieser Podcast steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Michaela Achenbach für Deutscher Bildungsserver


