Schlechte Stimmung in Deutschlands Schulen
Podcast zum Jahreswechsel 2023/2024 (1/6)
Die Stimmung an Deutschlands Schulen ist nicht gerade gut. Das stellt Caroline Hartmann in ihrer Jahresrückschau fest. Die Gründe dafür? Die Redakteurin für den Schulbreich des Deutschen Bildungsservers nennt: Konzentrations- und Motivationsprobleme der Schülerinnen und Schüler, hohe Arbeitsbelastung und Zeitmangel bei Lehrerinnen und Lehrern, der Lehrkräftemangel, der Umgang mit Künstlicher Intelligenz und ChatGPT in Schule und die mangelnde Informations- und Medienkompetenz unter den Schülerinnen und Schülern
Bildungsthema Schule beim Deutschen Bildungsserver
- Künstliche Intelligenz (KI) in der Schule
- Medien und Schule
- Informationskompetenz und Medienkompetenz
Lesefassung
Willkommen beim Jahresendpodcast 2023 des Deutschen Bildungsservers. Mein Name ist Caroline Hartmann und ich betreue redaktionell den Schulbereich.
Fangen wir hier doch mal mit den guten Nachrichten an. Auch wenn Deutschland im Verhältnis zu seinem Bruttoinlandsprodukt weniger Geld in Bildung investiert als der OECD-Durchschnitt, ist in Deutschland zumindest das Lehrkraft-Schüler-Verhältnis, auch wenn es sich wahrscheinlich für die meisten nicht so anfühlen mag, im Vergleich ganz gut. Und auch das Einkommen der Lehrkräfte ist bei uns vergleichsweise sehr hoch.
Aber das ist wahrscheinlich nur ein schwacher Trost, denn besonders gut ist die Stimmung – nicht zuletzt durch den Lehrkräftemangel – in den deutschen Schulen gerade nicht.
Das liegt an verschiedenen Faktoren. Die Forsa-Umfrage des Schulbarometers der Robert Koch Stiftung im Juni ergab, dass das Verhalten der Schülerinnen und Schüler wie insbesondere ihre Konzentrations- und Motivationsprobleme, ihre körperliche Unruhe und ihre Ängste, von 34 Prozent der befragten Lehrkräfte als die größte Herausforderung gesehen wird. Gleich an zweiter Stelle wurde von den Befragten die hohe Arbeitsbelastung und der Zeitmangel genannt und jede fünfte Lehrkraft sieht die herrschende Personalnot als die derzeit größte Herausforderung.
Die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) hatte Anfang diesen Jahres empfohlen, die Möglichkeit zur Teilzeitbeschäftigung von Lehrkräften zu reduzieren, und hatte dies „als die größte Beschäftigungsreserve“ identifiziert. Die Befragung des Schulbarometers ergab, dass 38 Prozent der Lehrkräfte in Teilzeit arbeiten. Von diesen könnten sich immerhin 63 Prozent vorstellen, ihre Arbeitszeit zu verlängern – allerdings nur bei veränderten Rahmenbedingungen.
Besonders wichtig wäre ihnen hier, dass im Arbeitszeitmodell auch nicht unterrichtsbezogene Tätigkeiten erfasst würden, dass die Aufgaben in der vereinbaren Arbeitszeit überhaupt zu schaffen wären und dass es auch weniger fachfremde Aufgaben gäbe. Ich denke, genau auf diese Aspekte sollte in den kommenden Jahren ein besonderes Augenmerk gelegt werden – nicht zuletzt, da sich auch die Rekrutierung von Lehramtsanwärtern immer schwieriger gestaltet.
Zudem glaubt die Mehrheit der Lehrkräfte nicht, dass der Einsatz digitaler Lernformate zu einer Arbeitsentlastung führen wird. Trotzdem gibt es unter den befragten Lehrkräften eine breite Zustimmung für adaptive Lern-Apps.
Als besonders problematisch jedoch schätzen die Lehrkräfte weiterhin die Medienkompetenz ihrer Schülerinnen und Schüler ein und gaben an, dass diese Informationen aus dem Internet nicht kritisch hinterfragten oder nicht einordnen könnten.
Zudem war dieses Jahr sehr geprägt durch die Einführung von ChatGPT im November 2022.
Ein Großteil der Lehrkräfte fühlte sich gerade in den ersten Monaten dieses Jahres sehr verunsichert, wie sie mit den neuen und frei verfügbaren Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz umgehen sollten. Dennoch waren die Reaktionen darauf sehr unterschiedlich: Manche Lehrkräfte sahen es als Tool der Zukunft und banden es proaktiv gleich in ihren Unterricht ein und andere versuchten, diese Entwicklung erst einmal zu verdrängen oder lieber auf konkrete Anweisungen aus den Kultusministerien zu warten.
In der Zwischenzeit hatten viele Schülerinnen und Schüler schon einen Weg gefunden, ihre Hausaufgaben und ihre Referate nun von Chat-GPT verfassen zu lassen, oft äußerst kreativ, aber wahrscheinlich ebenso häufig mit eher zweifelhaftem Erfolg. Inzwischen scheinen sich die Wogen zwar ein wenig geglättet zu haben, doch die Frage, wie der Bildungssektor zukünftig mit den Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz umgehen soll, bleibt bestehen.
Und so bleibt es weiterhin spannend! Ich wünsche Ihnen erst einmal erholsame Weihnachtsferien und einen guten Start in ein neues Jahr voller Herausforderungen.
Dieser Podcast steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Dr. Caroline Hartmann für Deutscher Bildungsserver