Jahresrückblick 2023 – Leseförderung

Ehrenamtliches Vorlesen, Kindercomics und Lektüreempfehlungen

Podcast zum Jahreswechsel 2023/2024 (2/6)

Carolin Anda, verantwortliche Redakteurin unseres Leseförderportals „Lesen in Deutschland“, hat für ihren Jahresrückblick die bei der IGLU-Studie erfasste abnehmende Lesekompetenz bei Grundschülern zum Anlass genommen aufzuzeigen, wie man Kindern die Freude am Lesen nahebringen kann. Gefragt sind dabei Erwachsene, Erzieherinnen und Erzieher und auch Bibliotheken; sie alle können viel dafür tun, die Lesekompetenzen von Kindern zu verbessern.

Empfehlenswerte Links aus  „Lesen in Deutschland“, das Portal zur Leseförderung des Deutschen Bildungsservers

Lesefassung

Guten Tag zu einer neuen Folge „Bildung auf die Ohren“, dem Podcast des Deutschen Bildungsservers. Mein Name ist Carolin Anda und ich bin Redakteurin für „Lesen in Deutschland“.

2023 – ein ergebnisreiches Jahr für die Lesekompetenz, die allerdings sowohl nach den Befunden der IGLU Studie bei Grundschüler*innen als auch laut des IQB Bildungstrends bei Neuntklässler*innen abnahm. Ähnlich zeigt es der Vorlesemonitor der Stiftung Lesen: Eltern lesen ihren Kindern immer weniger vor, sodass wichtige Impulse für den Sprach- und Leseerwerb verlorengehen. Wieder einmal Alarmsignale genug für die Forderung, die Leseförderung systematisch und nachhaltig von der frühen Kindheit bis ins junge Erwachsenenalter zu gestalten.

Aber: Ich möchte mit den negativen Nachrichten beginnen, um im Folgenden viel lieber darauf zurückblicken, wovon die Leseförderung zukünftig profitieren kann und wie vielfältig sie in vielen Projekten schon gestaltet wird. Meine diesjährigen Interviewpartner*innen haben nämlich aus ihren Erfahrungen und Expertisen geschöpft und über spannende Themen berichtet.
Comics gehörten 2023 auf jeden Fall zu einer der wichtigen Literaturgattungen. Zu Jahresbeginn sprach ich mit Yippie-Kindercomicfestival-Macher Jakob Hofmann über die bunte Welt der Kindercomics. Es folgte ein Podcast-Interview mit Comicillustrator und Herausgeber des Kindercomic-Magazins Polle Ferdinand Lutz. Neben seinen Lieblingsmethoden zu Vermittlung von Comics, haben wir auch über seinem Siegertitelwunsch für den Jugendliteraturpreis gesprochen. Tada, der ging dann auch in Erfüllung als Tanja Eschs Kindercomic „Boris, Babette und lauter Skelette“ der Gewinnertitel in der Kategorie Kinderbuch wurde. Auch der Lesekompass der auf der Leipziger Buchmesse bekannt gegeben wurde, widmete sich Comics und ist gespickt mit kreativen Arbeitsmaterialien für den Unterricht. Wieso sich Comics auch besonders gut als Erstleselektüre eignen, erfuhr ich dann von Martina Streble vom Verlag edition helden.
Gerade für unsichere Leser*innen lassen sich Comics sehr gut bewältigen und was fühlt sich besser an, als das erste Buch selbstständig gelesen zu haben.

Elternarbeit gehörte auch zu den Themen, die 2023 prägten. Eltern haben beim Lesen eine Vorbildfunktion, doch viele lesen ihren Kindern nicht vor. Dies liegt auch daran, dass viele Erwachsene selbst eine schlechte Lesesozialisation erfahren, Unsicherheiten und kein Interesse an Büchern vorherrscht. Mehrsprachige Bücher, wie im Bücherkofferprogramm von coach at school, und freies Erzählen können hier eine gute Brücke sein, um Familien die Freude am gemeinsamen Erzählen und Bücheranschauen zu wecken. Ein Austausch auf Augenhöhe und Elterninformationen in verschiedenen Familiensprachen nehmen Ängste und erleichtern den Dialog zwischen Schule, Kita und Familien.

Ehrenamtliche Vorleser*innen, wie z.B. unsere Leserin Annette Haupt, greifen sogar zu ganz besonders kreativen Methoden: Mit ihrer Handpuppe, dem Papagei Edgar, weckt sie Lesefreude und schafft genau das, was Autor und Lesetheatermacher Rolf Barth auch als einen wichtigen Faktor beim Vorlesen herausstellte: „Mit den Kindern ins Gespräch kommen.“ Impulse der Kinder aufzugreifen und diese in der Vorlesesituation zu nutzen. Zuhören und Bewegen können auch genutzt werden. Geräusche mit den Kindern imitieren, einzelne Wörter nachstellen oder Bewegungen der Figuren in der Geschichte nachempfinden. Probieren Sie es gerne selbst bei der nächsten Vorlesestunde aus.

Bewegung ist auch in der inklusiven Leseförderung wichtig. So verbinden die Gebärdensprach-Daumenkinos von talking hands Gebärden der deutschen Gebärdensprache mit Wörtern und Gegenständen in der Kita. Auch hier zeigt sich, dass der spielerische Aspekt den Kindern Freude bringt und Begriffe sich durch die Gebärden schneller einprägen. Auch die APP LitSpatz der Uni Bamberg setzt bei der Bewegung an. Ein literarischer Stadtspaziergang mit Leserally und Hörgeschichten verbindet darin den urbanen Raum mit dem Leseverstehen und der Lesekompetenz der Kinder.

Nach dem IQB Bildungstrend drängte sich die Frage auf: Wie Jugendliche zum Lesen animiert werden können. Frau Bauer von der Akademie für Leseförderung Hannover berichtete, dass die Kombination von anregendem Lesestoff, die Mischung aus analogen und digitalen Formaten wie Booktok und der Einbezug von außerschulischen Lernorten eine gute Basis sein können. Bibliotheken, wie z.B. das Biblab der Stadtbibliothek Heidelberg, das ein umfangreiches Workshopangebot zu Gaming, Coding und Fake News anbietet, aber auch Ganztagseinrichtungen und Horte, wie es im Projekt Leseoasen von Save the children deutlich wird, tragen einen wichtigen Bestandteil zur Leseförderung bei. Losgelöst von Noten und Klassenräumen können dort nämlich Alltagsthemen partizipativ thematisiert und individuelle Interessen besser bedient werden. So bekommen dann auch leseferne Jugendliche einen Zugang zum Lesen. Falls Sie noch eine Leseempfehlung suchen, die sich für ältere Kinder und Jugendliche eignet, schauen Sie gerne beim Projekt „boys and books“ vorbei. Da finden Sie eine vielfältige Auswahl an Lesestoff, der von Schüler*innen selbst mitausgewählt wurde. Und was liest sich besser als das, was die eigene Peergroup als gut befunden hat?

Ich freue mich auf ein neues Lesejahr und wünsche Ihnen einen guten Start für 2024.


Dieser Podcast steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Carolin Anda für Deutscher Bildungsserver



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